Fortschr Neurol Psychiatr 1997; 65(11): 509-515
DOI: 10.1055/s-2007-996357
ORIGINALARBEIT

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neuropsychologische Befunde der Zwangsstörung*

Neuropsychological Results in Obsessive-Compulsive DisorderCharlotte  Härting1,2 , H. J. Markowitsch1
  • 1Physiologische Psychologie, Universität Bielefeld
  • 2Neurologische Universitätsklinik, Knappschaftskrankenhaus, Ruhr-Universität Bochum
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Publication Date:
09 January 2008 (online)

Abstract

The results of neuropsychological-cognitive investigations in patients with obsessive-compulsive disorder are presented in a meta-analysis. The analysis differentiates between intelligence, attention and concentration, memory, executive functions, and visual-spatial and visuo-constructive performance: Changes in intelligence are only rarely manifest in obsessive-compulsive patients, and if so, principally in the visuo-constructive field, possibly including abstract-logical processes of thinking. Similarly, they are largely normal in functions of attention and verbal memory; only complex study designs reveal deficits in comparison to control subjects. Obtained deficits in visual memory should be interpreted as being likely due to deficient visuo-perceptive and visuo-constructive performance. Executive functions have not been studied in depth and are unimpaired in most investigations. Visuo-constructive problems are observed most frequently and might best be attributed to problems in Gestalt perception. It has to be pointed out that up to now techniques and designs of investigation are, in the majority of studies, imperfect and that it seems necessary to consider the existence of subgroups of obsessive-compulsive patients with differing degrees of impairment. Prognosis and evaluation of patients with obsessive-compulsive symptomatology depend considerably on their insight into the irrelevance of their behavioural patterns and on the contents of their predominant thoughts and actions. Transferring the deficit patterns to the brain level points to (a) right hemispheric damage and (b) damage in the frontostriatal system.

Zusammenfassung

Neuropsychologisch-kognitive Untersuchungsergebnisse an Zwangspatienten werden in einer Metanalyse dargestellt. Hierbei wird in die Leistungsbereiche Intelligenz, Aufmerksamkeit und Konzentration, Gedächtnis, exekutive Funktionen und visuell-räumliche und visuo-konstruktive Leistungen untergliedert. Zwangspatienten zeigen nur selten Intelligenzeinbußen und wenn, dann am ehesten auf visuo-konstruktivem Gebiet, wobei auch abstrakt-logische Denkprozesse beeinträchtigt sein können. Auch im Aufmerksamkeits- und im verbalmnestischen Bereich sind sie weitgehend normal, lediglich bei komplexen Untersuchungsdesigns sinkt ihre Leistung gegenüber Kontrollprobanden. Auf visuell-mnestischer Ebene sind Defizite am ehesten als sekundärer Ausdruck defizitärer visuo-perzeptiver und visuo-konstruktiver Leistungen zu interpretieren. Exekutive Funktionen sind insgesamt noch unbefriedigend differenziert untersucht worden und zeigen sich in der Mehrzahl der Studien als wenig beeinträchtigt. Visuo-konstruktive Schwierigkeiten finden sich am ehesten und können wohl zumindest zum Teil mit Problemen bei der visuo-perzeptiven Gestalterfassung erklärt werden. Auch hier ist wieder auf ungenügend ausgefeilte Untersuchungstechniken und -designs hinzuweisen und auf die Möglichkeit der Existenz unterschiedlich stark gestörter Subgruppen von Zwangskranken. Für Prognose und Beurteilung von Zwangskranken scheinen deren Einsicht in die Sinn- bzw. Bedeutungslosigkeit der Zwangshandlungen und deren vorherrschende Gedanken- oder Handlungsinhalte wesentlich. Eine Umsetzung der Defizitmuster auf die hirnorganische Ebene gibt starke Hinweise für (a) rechtshirnige Schädigungen und (b) Schäden im fronto-striatalen System.