Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 67 - A6
DOI: 10.1055/s-2007-989145

Die Bedeutung des Adhäsionsmoleküls sICAM-1 und der Cytokine Intereleukin 1-B und TNF-α in der Pathogenese der Endometriose

U Cirkel 1, W Schlegel 2, M Schubring 2
  • 1Kliniken im Mühlenkreis, Klinikum Minden, Gynäkologie, Minden
  • 2Universitätsklinikum Münster, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Münster

Fragestellung: Endometriose ist gekennzeichnet durch das Vorkommen von heterotop angesiedeltem endometrialem Gewebe, wobei die Ätiologie bislang noch weit gehend ungeklärt ist. Ziel der vorliegenden Untersuchungen ist es, Zusammenhänge zwischen dem Nachweis einer Endometriose und den messbaren Konzentrationen des Adhäsionsmoleküls sICAM-1, des Interleukins (IL) 1-B und des Tumornekrosefaktors TNF-α im Serum, in der Flüssigkeit des Douglas'schen Raumes und im Zystenpunktat von Funktionszysten oder Endometriosezysten aufzuzeigen.

Methode: Untersucht wurden 54 Frauen im Alter von 22–35 Jahren (Median X=31 Jahre) mit der Verdachtsdiagnose Endometriose. Bei allen Patientinnen wurde eine laparoskopische Abklärung durchgeführt. Unmittelbar vor dem operativen Eingriff wurde sämtlichen Patientinnen eine periphere Blutprobe entnommen. Bei der Laparoskopie wurde Douglassekret (abpunktiert aus dem Douglas'schen Raum, bezeichnet als Douglaskompartiment) und zusätzlich bei vorhandenen Zysten ein Zystenpunktat gewonnen. Die Einteilung der Patientinnen hinsichtlich des Endometriosestadiums erfolgte entsprechend dem rAFS-Score von 1985. Die Untersuchungen zur Bestimmung von sICAM-1, IL 1-B und TNF-α wurden mittels eines kommerziellen ELISA der Fa. Medgenix durchgeführt.

Ergebnisse: Die 54 Patientinnen konnten endoskopisch folgenden Gruppen zugeordnet werden:

Endometriosis genitalis externa I, II ohne Terapie

n=14

Endometriosis genitalis externa I, II nach GnRH-Analoga-Therapie

n=8

Endometriosis genitalis externa III, IV

n=9

Uterus myomatosus

n=9

alt entzündliche genitale Veränderungen

n=9

unauffälliges inneres Genitale

n=5

Hinsichtlich von sICAM-1 konnten signifikante Unterschiede in den gemessenen Konzentrationen zwischen Funktionszysten (Follikel- bzw. Corpus luteum-Zysten) und histologisch verifizierten Endometriosezysten gefunden werden (Median x=115ng/ml; Median x=177ng/ml; p<0,01). Auch die Serumkonzentrationen von sICAM-1 von Patientinnen mit Endometriosis genitalis externa III, IV im Vergleich zu denen mit einer Endometriosis genitalis externa I und II (ohne Therapie) waren signifikant erhöht (Median x=152ng/ml; Median x=108ng/ml; p<0,01). Hingegen bestand zwischen den sICAM-1-Serumspiegeln von Patientinnen mit und ohne spezifischer Endometriose-Therapie der Stadien I und II kein signifikanter Unterschied. Die Douglaskonzentrationen von sICAM-1 bei Patientinnen mit und ohne Endometriose ergaben keine signifikanten Unterschiede. Auch die TNF-α-Konzentrationen in Follikel- bzw. Corpus luteum-Zysten und histologisch bestätigten Endometriosezysten zeigten signifikante Unterschiede (Median x=40 pg/ml; Median x=53 pg/ml; p<0,05). Für die gemessenen IL1-B-Konzentrationen im Serum, Douglaskompartiment und Zystenpunktat konnten keinerlei Unterschiede zwischen den verschiedenen Patientengruppen ermittelt werden.

Schlussfolgerung: Die gewonnenen Ergebnisse sind ein weiterer Beleg für eine verstärkte Immunreaktion (sICAM-1 und TNF-α) im Endometrioseimplantat. Interleukin 1-B, als Mediatorsubstanz verantwortlich für die zytotoxische Immunreaktion und für die B-Zell-Aktivierung, ist im Zystenpunktat außerhalb der Nachweisgrenze gemessen worden. Dies könnte als ein Hinweis auf eine Immundefizienz bei Patientinnen mit Endometriose gedeutet werden. Weitere Untersuchungen zur Bestimmung der Interaktion der immunologischen Prozesse bei Patientinnen mit Endometriose erscheinen daher nötig und sinnvoll.