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DOI: 10.1055/s-2007-988564
Anämie und akutes Nierenversagen unter Chemotherapie
Bei einem 67 Jahre alten Patienten mit hepatisch metastasiertem Pankreaskarzinom zeigte sich unter einer palliativen Chemotherapie mit Gemcitabin ein gutes Ansprechen. Nach insgesamt 5 Zyklen Therapie, entsprechend einer kumulativen Gesamtdosis von 19g/m2 Gemcitabin, stellte sich der Patient mit progredienter Dyspnoe und neu aufgetretener Anurie vor. Im Labor fielen eine ausgeprägte Anämie (Hb 6,0g/dl), Thrombozytopenie (24.000/µl), eine Erhöhung der Retentionswerte (Kreatinin 3,6mg/dl) und der Laktatdehydrogenase (LDH, 2930U/l) auf. Bei zusätzlichem Nachweis von 21 ‰ Fragmentozyten im peripheren Blutausstrich wurde die Diagnose einer Thrombotischen Mikroangiopathie (TMA) gestellt.
Aus der Literatur lassen sich für diese bekannte, jedoch seltene Nebenwirkung keine eindeutigen Therapieempfehlungen ableiten. Entsprechend Erfahrungen bei einer Thrombotisch Thrombozytopenen Purpura (TTP), die mit einer Reduktion der von-Willebrand-Faktor (vWF) spaltenenden Serumprotease ADAMTS-13 einhergehen kann, wurde unmittelbar eine Plasmaseparation begonnen und insgesamt über 11 Tage fortgeführt. Obwohl keine relevante Reduktion der ADAMTS-13 Aktivität im Serum nachweisbar war (21%; Normbereich: 30–120%; typischer Wert für schwere TTP: <5%), besserten sich unter der Plasmapherese der klinische Befund sowie die Werte für LDH, Thrombozyten und Fragmentozyten rasch. Der Patient konnte nach insgesamt 4 Wochen beschwerdefrei und mit normwertigen Thrombozyten entlassen werden; trotz eingeschränkter Nierenfunktion bestand keine Dialysepflicht. Interessanterweise war in der nachfolgenden Beobachtungszeit von 9 Monaten keine weitere zytostatische Therapie aufgrund eines anhaltend stabilen Befundes der Tumormanifestationen notwendig.
Dieser Fallbericht schildert eine seltene und aus Einzelschilderungen mit hoher Mortalität verbundene Komplikation einer Therapie mit Gemcitabin, deren Pathophysiologie bisher unzureichend geklärt ist. Während die Plasmapherese bei anderen Formen der TMA zu einer deutlichen Reduktion der Mortalität führt, liegen zu Gemcitabin-assoziierten Formen der TMA widersprüchliche Berichte vor. Aus unserer Sicht erscheint der versuchsweise Einsatz einer Plasmapherese-Therapie bei Gemcitabin-induzierter TMA gerechtfertigt.