Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2008; 2(01): 9-20
DOI: 10.1055/s-2007-986228
Abhängigkeitserkrankungen

Pharmakologische Rückfallprophylaxe bei Alkoholabhängigkeit

Falk Kiefer
,
Sabine Löber
Kernaussagen
  • Der Pro-Kopf-Konsum von reinem Alkohol in Deutschland beträgt über zehn Liter pro Jahr und steht direkt mit alkoholassoziierten körperlichen Folgeerkrankungen, Alkoholmissbrauch, Alkoholabhängigkeit und allgemeiner Mortalität in Verbindung. In Deutschland beläuft sich die Zahl der Alkoholabhängigen auf ca. 1,6 Millionen und damit auf etwa 3 % der erwachsenen Bevölkerung. Weniger als 10 % der Alkoholabhängigen finden sich jedoch in suchtspezifischer Behandlung.

  • Suchterkrankungen wie die Alkoholabhängigkeit verlaufen chronisch rezidivierend. Ziel der Behandlung von Alkoholabhängigen ist die Motivation und Befähigung zu einer dauerhaften Abstinenz. Aber auch eine Verlängerung der Abstinenzphasen bzw. eine Reduktion der Rückfallhäufigkeit kann als Behandlungserfolg gewertet werden.

  • Acamprosat bindet an den NMDA-Rezeptor; in zahlreichen kontrollierten klinischen Studien wurde eine rückfallprophylaktische Wirksamkeit nachgewiesen.

  • Naltrexon ist ein µ-Opiat-Rezeptor-Antagonist; mehrere plazebokontrollierte Studien bestätigen die Wirksamkeit in der Rückfallprophylaxe besonders in Kombination mit begleitenden psychotherapeutischen Interventionen. Naltrexon kann nur im Rahmen der ärztlichen Behandlungsfreiheit als Therapieversuch eingesetzt werden (Off-label Use).

  • Disulfiram stellt keine klassische „Anti-Craving”-Substanz dar, sondern greift in den Abbauweg des Alkohols ein. Dies führt zu unangenehmen Symptomen wie Hautrötung (flush), Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, einem Abfall des Blutdrucks und u. U. auch Synkopen. Diese Symptome erklären sich aus der Toxizität von Azetaldehyd. Disulfiram sollte nur unter strenger Supervision verordnet werden.

  • Ergänzt werden sollte die medikamentöse Behandlung durch den Besuch von Selbsthilfegruppen, idealerweise auch durch ambulante suchtspezifische Therapien, wie sie z. B. von Suchtberatungsstellen angeboten werden.



Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Dezember 2007 (online)

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