Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 67 - P12
DOI: 10.1055/s-2007-984643

Eine kombinierte Fehlbildung des Urogenitaltrakts als Ursache für akute Unterbauchschmerzen, ein Fallbericht

P Bolkenius 1, M Kaufmann 1
  • 1Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt

Hintergrund: Aufgrund der engen Beziehungen in der Entwicklung des Urogenitalsystems sind Entwicklungsstörungen des ableitenden Harnsystems sehr oft mit Fehlbildungen des Genitalsystems kombiniert. Durch die kaudale Verschmelzung der Müller-Gänge entstehen Uterus und Vagina. Bleibt die Vereinigung aus, können verschiedene Formen von Doppelanlagen und Septierungen entstehen.

Fallbericht: Wir berichten über ein zwölfjähriges Mädchen, das sich wegen akuter Unterbauchschmerzen in unserer Poliklinik vorstellte. Die Menarche hatte vor ca. 10 Monaten stattgefunden, seitdem gab sie eher unregelmäßige Menstruationen an. Bei der Untersuchung zeigten sich ein druckschmerzhafter, rechtsseitig betonter Unterbauchtumor, ein intaktes Hymen und ein Vaginaltumor, der die Scheide ausfüllend, bis zum Hymen reichte. Sonografisch konnten ein Uterus duplex mit einer Vagina duplex und zwei unauffälligen Ovarien dargestellt werden, wobei sich rechtsseitig ein Hämatokolpos von ca. 13×6cm zeigte. Bei dem palpablen Tumor handelte es sich demnach um den Hämatokolpos der blind endenden rechten Vagina. Bei dem Mädchen waren in der Fetalperiode ab der 34. SSW ein Oligohydramnion und rechtsseitige Nierenzysten von bis zu 5cm diagnostiziert worden, ohne darstellbares rechtsseitiges Nierenparenchym. Postpartal kam es anamestisch zu einer spontanen Rückbildung der Zysten, bei jedoch funktionsloser rechter Niere und anhaltenden kleinen Nierenzysten links, bei normaler linksseitiger Nierenfunktion.

Bei dem Mädchen wurde die rechte Vagina in die linke Vagina gefenstert, um den Hämatokolpos zu entleeren.

Diskussion: Angeborene Fehlbildungen des Urogenitaltrakts gehören mit einer Inzidenz von bis zu 5% bei allen Lebendgeborenen zu den häufigsten fetalen Fehlbildungen. Die Prognose hinsichtlich der renalen Funktion ist präpartal häufig schwierig. Multizystisch-dysplastische Nieren können im Einzelfall mit einer normalen Nierenfunktion einhergehen. Der Uterus duplex spielt als Ursache für eine habituelle Abortneigung heute eine deutlich geringere Rolle als früher angenommen.