Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 67 - P_103
DOI: 10.1055/s-2007-983600

Risikomanagement im Kreißsaal: Schwere Schulterentwicklung und Schulterdystokie

C Zuchna 1, R Gruber 1, H Steiner 1, A Staudach 1
  • 1Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Salzburger Landeskliniken, Salzburg

1. Fragestellung:

Geburtshilfliche Notfälle sind durch ihre Dringlichkeit charakterisiert. Die erschwerte Schulterentwicklung nach Geburt des kindlichen Kopfes ist ein insgesamt seltenes Ereignis und kann für Mutter und Kind, aber auch für das medizinische Personal weitreichende Konsequenzen haben. Unser Interesse galt unserem vorliegenden Notfallplan (Abb.1) und dessen Praktikabilität im klinischen Alltag.

2. Methodik:

In einer retrospektiven Analyse wurden die Geburten aus dem Jahr 2006 untersucht. Alle Fälle von schwerer Schulterentwicklung oder Schulterdystokie wurden auf ihre Häufigkeit, Entbindungsmodus, erfolgtes Management, mütterliche Komplikationen, kindliches Outcome und die Dokumentation untersucht.

3. Ergebnisse:

Bei 1.711 Geburten zwischen Jänner 2006 und Oktober 2006 traten 24 Fälle (1,4%) von schwerer Schulterentwicklung oder Schulterdystokie auf. Die Häufigkeit der Schulterdystokie betrug 0,12% (n=2). Die Sectiorate betrug in diesem Zeitraum insgesamt 21,8%, an reifen Neugeborenen 14,1%. In 17% der Fälle (4/24) von schwerer Schulter-entwicklung oder Schulterdystokie wurde vaginal-operativ mittels Vakuumextraktion entbunden, in einem Fall (4%; 1/24) mittels Forzeps.

In 38% der Fälle (9/24) war bereits vor Entwicklung des kindlichen Kopfes eine Episiotomie angelegt worden, als Notfallmaßnahme wurde die Episiotomie in keinem der Fälle verwendet.

Das McRoberts Manöver wurde in 33% der Fälle (8/24) durchgeführt. Suprasymphysärer Druck wurde in 25% der Fälle (6/24) ausgeübt. Das Manöver nach Woods wurde in einem Fall (4%; 1/24) angewendet. Andere Manöver kamen nicht zur Anwendung.

Bei zwei Patientinnen (8%; 2/24) trat ein Dammriss III° auf, jeweils ein Fall mit und ein Fall ohne Episiotomie.

Bei sechs Geburten (25%; 6/24) wurde ein Neonatologe zur Versorgung des Neugeborenen gerufen, die Anästhesie wurde in keinem der Fälle gerufen. Es gab bei allen 24 Fällen nur einen Neonatologie-Transfer (4%; 1/24). Dieses Neugeborene wurde wegen einer bereits pränatal bekannten großen Ovarialzyste transferiert, und am Tag der Geburt operiert.

In keinem der Fälle gab es Hinweise für eine kindliche Plexusläsion.

Die Dokumentation der ergriffenen Maßnahmen erwies sich als uneinheitlich.

4. Schlussfolgerung:

Die Häufigkeit der schweren Schulterentwicklung und Schulterdystokie ist vergleichbar mit den in der Literatur angegebenen 0,2–2% für die Schulterdystokie. Der aktuell angewandte Notfallplan erwies sich als praktikabel. Häufig verwendete Maßnahmen sind das McRoberts Manöver und der suprasymphysäre Druck. Das mütterliche und kindliche Outcome waren zufriedenstellend. In den angegebenen Fällen gab es keine Maßnahme, die eine Narkose erfordert hätte.

Zur Verbesserung der Dokumentation wurde mittlerweile eine Checkliste erarbeitet.