Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 67 - V5_4
DOI: 10.1055/s-2007-983469

HIV-positive Schwangere – muss die Sectio wirklich immer sein?

R Kästner 1, M Sovric 1, M Müller 1, U Sonnenberg-Schwan 1, A Gingelmaier 1
  • 1Universitätsfrauenklink der LMU München – Innenstadt, München

1. Fragestellung:

Warum erhalten in Deutschland HIV-positive Schwangere fast ausnahmslos eine Sectio?

2. Methodik:

Psychosomatischer Ansatz, um die Leitlinien unterschiedlicher Länder hinsichtlich ihrer Entstehung und Umsetzung zu hinterfragen, Literaturrecherche und persönliche Kommunikation mit Behandlern und Betroffenen in verschiedenen Ländern

3. Ergebnisse:

Zwischen 1999 und 2003 wurden in Deutschland mehr als 600 HIV-positive Schwangere in spezialisierten Zentren betreut und in 98,4% per Sectio entbunden. Demgegenüber entbinden in benachbarten europäischen Ländern und in den USA ca. 20–30% bei Vorliegen optimaler Voraussetzungen vaginal, ohne eine höhere Rate an vertikalen Transmissionen. Dieselben optimalen Voraussetzungen liegen im deutschen Kollektiv in mindestens 50% aller betreuten Fälle vor.

Angst, organisatorische Schwierigkeiten und mangelnde Bereitschaft einen informed consent auch unter Einbeziehung der psychosomatischen Faktoren anzustreben erscheinen ursächlich für die anhaltend hohe Sectiorate.

4. Schlussfolgerung:

Ist die Schwangere compliant, nimmt eine HAART ein mit der die Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt und fehlen geburtshilfliche Risikofaktoren, dann sollte ein hypothetischer Nutzen der primären Schnittentbindung deren Risiken gegenübergestellt werden und der Betroffenen die Möglichkeit zur Mitentscheidung eingeräumt werden.