Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P374
DOI: 10.1055/s-2007-983344

Lungendysplasie mit segmentaler Überblähung und schwerer pulmonaler Hypertonie

A Holzinger 1, AW Flemmer 2, A Strauss 3, S Haraida 4, A Schulze 2, HG Münch 1
  • 1Neonatologie, Dr. von Haunersches Kinderspital, Ludwigs-Maximilians-Universität, München
  • 2Neonatologische Abteilung, Klinikum Großhadern, München
  • 3Perinatalzentrum Großhadern, II. Univ. Frauenklinik, Ludwig-Maximilians-Universität, München
  • 4Pathologisches Institut, Ludwig-Maximilians-Universität München, München

Fallbeschreibung: Bei einer 28-jähr. 6. Grav., 5. Para (4 ges. Kinder, 1 Abort) wurde in der 30. SSW ein fetaler Aszites festgestellt und transkutane Entlastungen eines Polyhydramnion durchgeführt. Mit 34+0 SSW kam es zum Blasensprung mit nachfolgender Sectio: NA-pH 7,29, APGAR 3/5/6/7 nach 1/2/5/10 Min., Hämatokrit 47%. Bei respiratorischer Insuffizienz wurde das männl. Frühgeborene intubiert und beatmet, Surfactant verabreicht sowie peritoneale Entlastungspunktionen ausgeführt. Echokardiographisch dominierte eine pulmonale Hypertonie (ΔP TI II 78mm Hg). HFOV und NO-Inhalation (4 Tage) wurden eingesetzt. Am 6. Lebenstag wurde bei massiver Überblähung des re. Ober- und Mittelappens mit Mediastinalverdrängung und zystischen Lungenveränderungen sowie Bronchienirregularitäten im CT die Lappenresektion durchgeführt. In der Folge wurde die pulmonale Hypertension mit Rechtsherzdilatation ausgeprägter und der Patient neuerlich mit NO beatmet. Nach Entwöhnung von NO unter der Therapie mit Sildenafil, Bosentan und Iloprost-Inhalation konnte am 47. Lebenstag extubiert und das Kind am 84. Lebenstag unter dieser Therapie und Sauerstoffsupplementation entlassen werden. Bei Wiederaufnahme wegen respiratorischen Infekts kam es zur Rechtsherzinsuffizienz, welche NO-Beatmung, Katecholamingabe erforderte. Aufgrund von Sekretverhalt wurde Dornase Alpha indiziert und die Entwöhnung von der Beatmung gelang. Bei ausgeprägter Dypnoe und Tachypnoe wurde mit anti-inflammatorischer Therapie begonnen, zunächst mit Methylprednisolon (20mg/kg*d; 3d), dann Hydroxychloroquin (10mg/kg*d) p.o. sowie Budesonid-Inhalation. Es kam zur deutlichen klinischen Besserung. Unter Sauerstoffgabe, Sildenafil, Bosentan, Hydroxychloroquin, Spironolacton und Hydrochlorothiazid p.o. sowie Inhalation von Iloprost, Dornase Alpha und Budesonid wurde das Kind nach Hause entlassen. Pathologisch-Anatomischer Befund: In den resezierten Lappen der rechten Lunge fanden sich Irreglularitäten des Lumens der großen Bronchien mit Hypoplasie des Knorpels und Abschnitten fehlenden Knorpels sowie Fehlen von gldd. bronchiales. Es erfolge eine Zuordnung des Krankheitsbildes zu einer Lungendysplasie vom Typ des Williams-Campbell-Syndroms. Diskussion: Im Vordergrund standen die Atemwegsobstruktion mit Überblähung, Sekretverhalt, erniedrigte Lungencompliance und die wahrscheinlich sekundäre pulmonale Hypertonie. Die Lappenresektion hat unmittelbar die Ventilation und Oxygenierung erleichtert, jedoch offenbar eine Erhöhung des Gesamtwiderstandes des Lungengefäßbettes mit sich gebracht. Die anti-inflammatorische Therapie führte bei unserem Patienten zu einer deutlich erkennbaren klinischen Besserung. Wir betrachten die multimodale Therapie zur Senkung des Lungengefäßwiderstandes sowie die anti-inflamamatorische Therapie als experimentellen Ansatz ohne ausreichende klinische Evidenz für die vorliegende Indikation. Unseres Erachtens können jedoch einzigartige, schwierige klinische Situationen solche experimentellen Ansätze rechtfertigen.