Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P359
DOI: 10.1055/s-2007-983329

Fourniersche-Gangrän mit Pseudomonas-Sepsis in der Behandlung einer biphänotypischen Leukämie -Eine interdisziplinäre Herausforderung-

N Merkel 1, R Haase 1, U Lieser 1, U Bierbach 2, M Steinacker 3, D Henze 4, J Föll 1
  • 1Martin Luther Universität Medizinische Fakultät Poliklinik für Kinderheilkunde, Halle Saale
  • 2Universitätskinderklinik, Leipzig
  • 3Klinik für Urologie, Martin Luther Universität Medizinische Fakultät, Halle
  • 4Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivtherapie, Martin Luther Universität Medizinische Fakultät, Halle

Hintergrund: Eine biphänotypische Leukämie stellt eine Seltenheit im Kindesalter dar und beschreibt eine Akute Leukämie mit gleichzeitiger Expression von lymphatischen und myeloischen Differenzierungmarkern. Je nach prozentualem Expressionsanteil wird die Therapie entweder nach ALL- bzw. AML-Protokollen durchgeführt.

Eine Aplasiephase während der zytostatischen Therapie stellt eine besondere Situation, mit diffiziler Patientenbeobachtung, Infektionsprophylaxe und frühzeitiger Intervention auf Entzündungsreaktionen, dar. Häufige Komplikationen(>50% d. F.) sind Fieber, Mukositiden und das systemisch-inflammatorische-Reaktions-Syndrom. Das Auftreten einer Sepsis und ausgeprägte lokalisierte Infektionen der Haut sind eher die Seltenheit (<1% d. F.). Die Gangraena acuta genitalium (Fourniersche-Gangrän) ist eine Mischinfektionen mit Streptokokken, Fusiformen und gramnegativen Bakterien des Intestinaltraktes. Als prädisponierende Faktoren werden Systemerkrankungen und schwere Allgemeininfektionen (Sepsis) diskutiert.

Ihre Therapie erfordert nicht selten eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von mehreren operativ- und konservativ-orientierten Fachgebieten. Falldarstellungen: Wir beschreiben den Krankheitsverlauf eines 7-jährigen Mädchens, welches im Rahmen der Behandlung einer biphänotypischen Leukämie, an einer Pseudomonas-Sepsis und einer Fourniersche-Gangrän erkrankte. Die Sepsis führte zur Beatmungs- und Katecholaminpflichtigkeit. Die Genitalgangrän war rasch progredient und bedurfte einer intensiven Kombinationstherapie bestehend aus hyperbarem Sauerstoff (HBO), Unterdruck Wundversorgung (Vacuseal) sowie zielgerichteter Antibiose. Aufgrund einer Transportunfähigkeit der Patientin wurde eine stationäre HBO-Einheit installiert. Mehrfach wöchentliche operative Interventionen zur Nekrektomie sowie Erneuerung des Vacuseal-Verbandes waren notwendig. Nach insgesamt 18 Fraktionen der hyperbaren Oxygenierung und zufrieden stellendem Lokalbefund sowie deutliche Besserung der systemischen Entzündungsreaktion erfolgte nach 3 Wochen die Extubation. Mittels kosmetischer Chirurgie wurden die Restzustände der Gangrän durch Spalthauttransplantation optisch und funktionell korrigiert. In Folge wurde die Patientin einer Stammzelltransplantation unterzogen und erfreut sich einer anhaltenden Remission ihrer Grunderkrankung. Schlussfolgerungen: Eine Kombination mehrerer potent-letaler Komplikationen im Rahmen einer Leukämietherapie ist selten. Ein frühzeitiges Erkennen der Symptomatik und eine multimodale Intervention verschiedener Fachrichtungen sind sinnvoll. Eine intensive Kombinationstherapie bestehend aus Antibiotika, hyperbarem Sauerstoff (HBO) und Unterdruck Wundversorgung mit „Vacuseal“ Verbänden ist eine Erfolg versprechende Behandlungsform bei sehr schweren Formen von Weichteilinfektionen.