Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2007-983309
Hypoglykämie und Hyperlaktatazidämie bei einem HIV-exponierten Neugeborenen unter antiretroviraler Prophylaxe
Wir berichten von einem HIV-exponierten Neugeborenen, dessen HIV-positive Mutter seit der 12. Schwangerschaftswoche mit einer hochwirksamen antiretroviralen Kombinationstherapie (HAART) behandelt wurde, bestehend aus Zidovudin, Didanosin, Saquinavir und Ritonavir. Die mütterliche Viruslast befand sich zum Zeitpunkt der Entbindung unter der Nachweisgrenze. Allerdings bestand bereits ein fortgeschrittener Immundefekt mit einer deutlich erniedrigten CD4-positiven T-Lymphozytenzahl. Die Entbindung unseres Patienten erfolgte in der 36. SSW durch primäre Sectio. Nach den aktuellen Empfehlungen der Deutsch-Östereichischen Aids-Gesellschaft erfolgte postpartal eine antiretrovirale Transmissionsprophylaxe mit Zidovudin und Lamivudin.
Der erste Blutzuckerspiegel des Neugeborenen betrug postnatal 2mg%. Eine Hypoglykämieneigung bestand während der folgenden Tage weiterhin, es war eine parenterale Glucosezufuhr von >20mg/kg/min notwendig, um normale Blutzuckerspiegel zu erzielen. Auffällig war darüberhinaus eine Hyperlaktatazidämie (maximal 7mmol/l), Laktatwerte und Blutzuckerspiegel veränderten sich gleichsinnig. Ausführliche Diagnostik ergab keinen Hinweis auf einen angeborenen Stoffwechseldefekt. Nichtinfizierte Kinder HIV-positiver Mütter entwickeln nach in-utero-Exposition gegenüber Zidovudin und Didanosin sehr selten innerhalb der ersten Lebensmonate Zeichen einer mitochondrialen Dysfunktion. Wir vermuten, dass bei unserem Kind zwei Faktoren zu der postnatalen Hypoglykämieniegung und Hyperlaktatazidämie führten: Einerseits die intrauterine Exposition gegenüber der HAART (insbesondere Zidovudin und Didanosin), andererseits die postnatal durchgeführte antiretrovirale Transmissionsprophylaxe. Wir beendeten daher die postpartale Therapie und erreichten kurze Zeit später normale Blutzucker- und Lactatwerte unter altersentsprechender enteraler Glucosezufuhr. Hinweise auf eine angeborene oder erworbene Mitochondriopathie fanden sich im weiteren Verlauf weder klinisch noch laborchemisch, der Junge entwickelte sich regelrecht. Es werden die differenzialdiagnostischen Überlegungen und therapeutischen Optionen dieser selten Komplikation einer antiretroviralen Prophylaxe diskutiert und der Verlauf unseres Patienten im ersten Lebensjahr anhand von Laborwerten und klinischen Untersuchungsergebnissen geschildert.