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DOI: 10.1055/s-2007-983272
Bedeutung der Differenzialdiagnose bei erstmaliger Feststellung einer fetalen Bradykardie
Fallbericht: Akute Kreißsaalaufnahme einer 44-jährigen G II, P I in der 30. SSW (Adipositas per magna, Z.n. Spätabort 26. SSW) wegen erstmals sonographisch diagnostizierter fetaler Bradykardie, morphologisch unauffälliges Kind. Dopplersonographisch hochgradiger V.a. einen echten Nabelschnurknoten. Sofortige Sectio caesarea mit Bestätigung dieses Knotens. Erstversorgung mit primärer Intubation bei Atemnotsyndrom und Bradykardie. APGAR 5 nach 5 Min., NS-pH 7,34. Trotz kardiorespiratorischer Stabilisierung Kind weiterhin bradykard. Diagnostik: Nachweis eines AV-Blockes III° im EKG (Kammerfrequenz 70/min, Vorhoffrequenz 180/min). Klinisch und echokardiographisch keine Herzinsuffizienzzeichen, Vorhofseptumdefekt. Bestätigung eines neonatalen Lupus erythematodes (NLE) bei komplettem AV-Block ohne kutane, hepatische, hämatologische Symptome durch Nachweis von SS-A(Ro)-Antikörper bei der Mutter, diese zeigte wie ca. 60% aller seropositiven Schwangeren keine klinischen Zeichen einer Autoimmunerkrankung. Therapie und Verlauf:
Einmalige Surfactant Gabe und maschinelle Beatmung über 9 Tage, Koffeintherapie bei idiopathischen Apnoen, Herzfrequenz unverändert bei 80/min. Im Langzeit-EKG im 3. Lebensmonat Herzfrequenz 35/min bei AV-Block III°, somit Indikation eines Herzschrittmachers. Klinische und kardiologische Nachuntersuchungen sind unauffällig. Diskussion: Die weiterbestehende Bradykardie nach kardiorespiratorischer Stabilisierung sowie der unauffällige NS-pH Wert schließen den Nabelschnurknoten als Ursache der fetalen Bradykardie weitestgehend aus. Eine fetale Echokardiographie zur Darstellung einer Dissoziation von Vorhof- und Kammerfrequenz war wegen erschwerter Schallbedingungen bei Adipositas und der klinischen Brisanz nicht möglich. Dieser Fall zeigt, dass der AV-Block im Rahmen eines NLE erstmalig nach der 30. SSW zur Beobachtung kommen kann, obwohl es wahrscheinlich bereits in der 18.-24. SSW durch eine antikörpervermittelte Entzündungsreaktion mütterlicher transplazentar übertragener Antikörper mit fetalen kardialen Strukturen zur irreversiblen Zerstörung des kindlichen Reizleitungssystems kommt. Fazit: Diese Kasuistik zeigt ein Problem auf mit dem Geburtshilfe und Neonatologie bei erstmalig beobachteter fetaler Bradykardie konfrontiert werden können. In Unkenntnis eines Lupus bedingten AV-Blockes und sonographisch hochgradigem V.a. einen Nabelschnurknoten wurde diese Bradykardie als akute Hypoxie/Ischämie bzw. Preloadverlust interpretiert. Retrospektiv waren Notsectio und Frühgeburtlichkeit wegen dieser Indikation unnötig. Das Risiko des Nabelschnurknotens im Falle einer Fortsetzung der Schwangerschaft ist nicht quantifizierbar.