Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P191
DOI: 10.1055/s-2007-983262

Hyperprostaglandin-E-Syndrom beim Neugeborenen – ein Fallbericht

U Steder 1, N Jeck 2, W Garbe 1
  • 1Kinderklinik, St. Marien-Hospital, Bonn
  • 2Phillips Universität Zentrum für Kinderheilkunde, Marburg

Anamnese: Zweites Kind marokkanischer Eltern, nicht konsanguin, erstes Kind gesund, unauffällige Familienanamnese. Schwangerschaft kompliziert durch Polyhydramnion, pränatale Diagnostik ohne Ursachenfindung. In der 29. SSW Entlastungspunktion von 3 Litern, kurz vor nächster geplanter Entlastungspunktion eilige Sectio bei pathologischem CTG nach einer Schwangerschaftsdauer von rechnerisch 33+3 Wochen. Aufnahmebefund: Entsprechend dem Gestationsalter entwickeltes eutrophes, weibliches Frühgeborenes mit respiratorischer Anpassungsstörung. Keine äußerlich erkennbaren Auffälligkeiten oder Fehlbildungen. Therapie und Verlauf: Während der ersten Lebenstage auffallend starke Diurese mit Hyperkalziurie. Im Serum nachweisbare Hypokalzämie, Hypokaliämie und Hyponatriämie, zusätzlich hartnäckiges Erbrechen und Gedeihstörung. Kompensation nur durch hohe intravenöse Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution. Oben genannte Symptomkonstellation im Zusammenhang mit ausgeprägtem Polyhydramnion führte zum Verdacht auf ein Hyperprostaglandin-E-Syndrom. Bestätigung durch Nachweis stark erhöhter Ausscheidung von Prostaglandin E (PGE) und seiner Metaboliten im Urin. Zügiger Beginn der Behandlung mit dem Cyclooxygenase (COX)-Inhibitor Indomethacin, zunächst i.v. mit 0,2mg/kg/d, im Verlauf Steigerung bis auf 2,0mg/kg/d, zuletzt per os. Hierunter Besserung der klinischen Symptomatik mit Sistieren des Erbrechens und Gewichtszunahme, Normalisierung der Urinmengen und der Serumelektrolyte auch ohne weitere Substitution. PGE-Ausscheidung im Urin unter Therapie deutlich rückläufig.

Im Alter von 2 Monaten Entlassung unter oraler Indomethacin-Therapie. Fazit: Symptomkonstellation mit bereits intrauteriner Polyurie, Elektrolytverlust, Erbrechen und Gedeihstörung sind pathognomonisch für das Hyperprostaglandin-E-Syndrom. Primäre Ursache ist eine defekte Chloridresorption in der Henleschen Schleife. Salzverlust und Polyurie verursachen über Volumenmangel eine Reduktion der glomerulären Filtrationsrate. Gegenregulatorisch Freisetzung von vasodilatatorischem PGE zur Aufrechterhaltung der Nierenfunktion, welches seinerseits den tubulären Elektrolyt- und Wasserverlust aggraviert. Therapeutischer Ansatzpunkt ist die Suppression der PGE-Synthese mittels COX-Inhibitoren. Defekte Chloridresorption führt bereits intrauterin zur Erhöhung des Chloridgehaltes im Fruchtwasser, daher Diagnosestellung durch dessen Bestimmung pränatal möglich.