Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P159
DOI: 10.1055/s-2007-983230

Atemregulationsstörung bei Achondroplasie – ein interdisziplinäres Problem

B Grolle 1, A von der Wense 2, K Schrader 1, T Henne 1, F Riedel 1, P Kunkel 3, R Stücker 4
  • 1Abteilung für Pädiatrie, Altonaer Kinderkrankenhaus Hamburg, Hamburg
  • 2Abteilung für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Altonaer Kinderkrankenhaus Hamburg, Hamburg
  • 3Pädiatrisches Wirbelsäulenzentrum, Altonaer Kinderkrankenhaus Hamburg, Hamburg
  • 4Pädiatrisches Wirbelsäulenzentrum und Abteilung für Kinderorthopädie, Altonaer Kinderkrankenhaus Hamburg, Hamburg

Die Achondroplasie erfordert wegen der Komplexität der Erkrankung die Zusammenarbeit vieler unterschiedlicher Disziplinen. Neben endokrinologischen, orthopädischen, pulmologischen und psychosozialen Fragestellungen kommt es insbesondere auch durch die häufig beobachteten Stenosen des Foramen magnum zu Komplikationen bei spinaler Kompression im craniocervikalen Übergang. Geschildert wird ein heute achtjähriger Junge mit Achondroplasie, bei dem im Alter von zwei Jahren erstmalig unklare Zyanosezustände beobachtet wurden. Bei Choanalstenose wurde ein OSAS (obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom) diagnostiziert und eine nächtliche Maskenbeatmung begonnen. Im Rahmen einer RSV-Pneumonie kam es zum ARDS. Im Verlauf entwickelte sich bei einer Foramen magnum – Stenose eine zentrale Atemregulationsstörung, die wiederholte, cardiopulmonale Reanimationen erforderlich machte. Daraufhin erfolgte eine neurochirurgische Erweiterung des Foramen magnum. Postoperativ weiter Maskenbeatmung wegen OSAS. Zwischenzeitlich Stabilisierung, daher keine Maskenbeatmung mehr erforderlich. Im Alter von sechs Jahren neu auftretende Pyramidenbahnzeichen, neurogene Blasenentleerungsstörung und Rezidiv der zentralen Atemregulationsstörung. Im MRT zeigte sich eine Re-Stenosierung im Bereich des craniocervikalen Übergangs. Daher erneute dorsale Dekompression des craniocervikalen Übergangs mit Resektion des Atlasbogens und Teilen der Occipitalschuppe durch Neurochirurgen und Orthopäden. Anschließend dorsale knöcherne Spondylodese vom Hinterhaupt bis auf den vierten Halswirbelkörper und Halofixateur für drei Monate. Unkomplizierter postoperativer Verlauf. Schlussfolgerung: Craniofaciale Dysmorphien können sowohl obstruktive wie auch zentrale Atemregulationsstörungen verursachen. Bei der operativen Korrektur der Foramen magnum – Stenose muss bei der Achondroplasie (anders als z.B. bei der Arnold-Chiari-Malformation) die erhebliche atlanto-occipitale Instabilität in die Planung des operativen Procedere einbezogen werden. Bei komplexen Krankheitsbildern wie der Achondroplasie ist die multidisziplinäre Zusammenarbeit von übergeordneter Bedeutung für den Patienten. In unserem Fall waren dies: Pulmologie, Schlaflabor, Intensivmedizin, Neurologie, Urodynamik, Neurochirurgie und Orthopädie.