Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P155
DOI: 10.1055/s-2007-983226

Kreislaufkollaps bei einem 17-jährigen Mädchen mit fulminanter Lungenembolie

N Müller 1, M Heldmann 1, K Runge 1, H Trübel 1
  • 1HELIOS Klinikum Wuppertal Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Wuppertal

Einleitung: Lungenembolien (LE) sind bei Erwachsenen ein häufiges Krankheitsbild, in der Pädiatrie hingegen stellt sie ein seltenes Ereignis dar. Anhand einer Kasuistik werden die Schwierigkeiten der Diagnostik und die aktuellen Therapiestandards dargestellt. Material und Methoden: Eine 17-jährige Patientin wird nach Kreislaufkollaps zu Hause beim Treppensteigen in die Kinderklinik gebracht. Vorausgehend leichte Belastungsdyspnoe seit 3 Tagen. Bei Ankunft reduzierter AZ, blass, tachykard (140/Min), RR 80/40mmHg, thorakale Schmerzen. Klinisch kein Hinweis für eine tiefe Beinvenenthrombose. Die Patientin nimmt die Pille, kein Nikotinabusus, eine Thrombophilieabklärung erfolgte trotz familiärer Vorbelastung nicht.

Diagnostik:

Labor: paO2 16mmHg, paCO2 45mmHg, D-Dimere 679µg/l, CRP 4,2mg/dl, CK, CK-MB, Troponin T normwertig.

Rö-Thorax: keine pneumon. Infiltrate, kein Pneumothorax, keine mediastinale Raumforderung.

EKG: Sinustachykardie mit HF um 140/Min., keine Zeichen der Rechtsherzbelastung

Echokardiographie: Großer, den linken Ventrikel imprimierender, rechter Ventrikel, reduziertes Herzzeitvolumen, asymmetrische Septumbewegung, ausgeprägte Trikuspidalinsuffizienz.

Ergebnisse: Nach suffizienter initialer Flüssigkeitstherapie keine Normalisierung der Tachykardie; Nach Zusammenschau der Befunde dringender Verdacht einer LE. Daher syst. Lysetherapie mit Alteplase (rtPA) (1,5mg/kg/KG). Hierunter rasche Normalisierung der Herzfrequenz und einer Besserung des AZ der Patientin. Keine relevanten Blutungskomplikationen. Ein Spiral-CT des Thorax zeigte Thromben in beiden Pulmonalarterienhauptstämmen mit vollständigem Verschluss der Unterlappenarterie links. Die bereits vor Lysetherapie begonnene Vollheparinisierung wurde PTT-gesteuert bis zur ausreichenden Marcumarisierung fortgesetzt, mit der die Patientin im Verlauf nach Hause entlassen wurde. Diskussion: Eine LE stellt in der Pädiatrie ein sehr seltenes Krankheitsbild dar. Häufig sind zentrale Venenkatheter ursächlich für ein solches Geschehen bei Kindern und Jugendlichen. Die Therapiekonzepte orientieren sich daher bisher ausschließlich an der Leitlinien der Erwachsenen. Im Falle unserer Patientin waren nach unauffälligem EKG und Rö-Thorax letztlich die laborchemische Erhöhung der Spaltprodukte und der echokardiographische Befund sowie die klinischen Symptome und das nicht ansprechen der Herzfrequenz auf eine suffiziente Volumentherapie entscheidend für die Diagnosestellung und Einleitung einer Lysetherapie. Bezüglich der Thrombembolie Prophylaxe herrschen derzeit kontroverse Meinungen. Eine Therapie mit niedermolekularem Heparin birgt seltener Blutungskomplikationen. Als Standardtherapie wird zum jetzigen Zeitpunkt dennoch eine antikoagulative Therapie mit Marcumar empfohlen.

Trotz der geringen Inzidenz im Kindesalter muss beim Vorliegen der Leitsymptome Thoraxschmerz, Tachykardie, Luftnot und Kollaps an eine Lungenembolie gedacht werden um rechtzeitig die entsprechenden therapeutischen Maßnahmen einleiten zu können.