Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P130
DOI: 10.1055/s-2007-983201

Neonatale Alloimmunneutropenie durch HLA-Antikörper bei einem Frühgeborenen

AC Hoyer 1, D Hüseman 1, G Strauß 2, I Schulze 3, O Meyer 4, M Obladen 1
  • 1Klinik für Neonatologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Berlin
  • 2Allgemeine Pädiatrie/KMT, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Berlin
  • 3Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie/Immunologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Berlin
  • 4Institut für Transfusionsmedizin, Charite – Universitätsmedizin Berlin, Berlin

Die neonatale Alloimmunneutropenie, eine seltene Ursache neonataler Neutropenien, kommt bei einem Kind pro 1000 bis 6000 Lebendgeborene vor. Sie wird durch mütterliche Alloantikörper, die intrauterin auf den Feten übertragen werden, ausgelöst. Meist handelt es sich hierbei um Antineutrophilen-Antikörper (HNA-1a, HNA-1b, HNA-2a oder HNA-4a). Es gibt einzelne Fallberichte, dass auch Antikörper gegen humane Leukozyten-Antigene (HLA), hier unter anderem HLA-A2, eine neonatale Alloimmunneutropenie verursachen können. Die durch die Antikörper ausgelösten schweren Neutropenien (absoluter Neutrophilencount (ANC) <500 (<0,5/nl)) sind in der Regel selbstlimitierend, können aber bei Auftreten von Infektionen für das Neugeborene lebensbedrohlich sein. Eine supportive Therapie mit Granoluzyten-Colonie-stimulierenden Faktor (GCSF) kann dann indiziert sein. Die Mortalitätsrate wird mit 5% angegeben. Das Blutbild der Mutter ist meist unauffällig. Wir berichten über ein Frühgeborenes, das wegen vorzeitiger Wehen mit 32+0 SSW und einem Geburtsgewicht von 1970g zur Welt kam. Bereits am ersten Lebenstag war eine schwere Neutropenie (0,291/nl) und ab dem zweiten Lebenstag auch eine Leukopenie (2,53/nl) ohne klinische Infektionszeichen vorhanden. Die Leuko- und schwere Neutropenie persistierten bis zum 2. Lebensmonat. Der minimale Granulozytenwert betrug 0/nl am 14. Lebenstag. Nach Infektionsdiagnostik am 3. Lebenstag wegen diskreten klinischen Infektionszeichen (ohne Keimnachweis in Ohrabstrich, Blut-, Liquor- und Urinkultur, sowie negative Ergebnisse für Herpes simplex-, Varizella zoster- und Cytomegalievirus) erfolgte eine Behandlung mit Ampicillin über 5 Tage und Gentamycin über 3 Tage, im Anschluss antibiotische (Cefuroxim) und antimykotische (Nystatin) Prophylaxe wegen persistierender Neutropenie bis zum 22. Lebenstag. Die anderen Blutreihen waren unauffällig. Die Entlassung aus der stationären Behandlung erfolgte am 28. Lebenstag mit einem Gewicht von 2450g in die weitere ambulante Betreuung.

Bei Mutter und Kind fanden sich keine Antineutrophilen-Antikörper, jedoch HLA-A2-Antikörper, das Frühgeborenen war HLA-A2 positiv. Im weiteren Verlauf traten keine Infektionen auf. Mit dem 21. Lebenstag waren die Gesamtleukozyten im Normbereich, die neutrophilen Granulozyten lagen seit dem 29. Lebenstag über 500/m l. Bei Nachuntersuchungen des Blutbildes zeigten sich keine Leuko- oder Neutropenie. Aufgrund der Befunde und des weiteren Verlaufs stellten wir die Diagnose einer HLA-A2-Antikörper-vermittelten neonatalen Alloimmunneutropenie.