Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - FV415
DOI: 10.1055/s-2007-983149

Ist ein rascher Nahrungsaufbau mit einer erhöhten Rate von nekrotisierenden Enterokolitiden oder intestinalen Perforationen bei FG <30 SSW GA assoziiert?

C Wieg 1, O Stangl 1, C Härtel 2, W Göpel 2
  • 1Kinderklinik, Klinikum Aschaffenburg, Aschaffenburg
  • 2Kinderklinik, Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Lübeck

Einleitung: Die Geschwindigkeit des Nahrungsaufbaus bei sehr kleinen Frühgeborenen wird kontrovers diskutiert. Durch die unreife interstinale Motilität und die unreife Mucosa wird die enterale Ernährung primär deutlich behindert. Sowohl spontane interstinale Perforationen als auch die NEC sind Komplikationen mit erheblicher Langzeitkonsequenz und werden z.Tl. mit der Geschwindigkeit des Nahrungsaufbaus assoziiert.

Im Rahmen der Datenanalyse von FG <1500g GG.aus der Multizenterstudie „Krankheitsbezogene Analyse von Kandidaten-Polymorphismen für schwere Erkrankungen von Frühgeborenen“ (Studienleiter W.Göpel, UKSH Lübeck) verglichen wir FG 24+0–29+6 SSW GA mit einem durchschnittlichen Nahrungsaufbau >12 Tage mit denen mit kürzerem Nahrungsaufbau. Methodik: Analyse kontrollierter Daten von 665 FG 24+0–29+6 SSW GA aus der Multizenterstudie „Krankheitsbezogene Analyse von Kandidaten-Polymorphismen für schwere Erkrankungen von Frühgeborenen“ Statistische Bewertung mittels (Fisher's exact Test).

Ergebnisse:

Klinikspezifischer Nahrungsaufbau >12 Tage

Gesamt

nein

ja

Geschlecht

männlich

Anzahl

182

183

365

Spalten%

55,3%

54,5%

54,9%

weiblich

Anzahl

147

153

300

Spalten%

44,7%

45,5%

45,1%

Gestationsalter

Mittelwert

27,52

27,44

27,48

Standardabweichung

1,58

1,61

1,59

Geburtsgewicht

Mittelwert

993

965

979

Standardabweichung

264

251

257

Tod

nein

Anzahl

307

325

632

Spalten%

93,3%

96,7%

95,0%

ja

Anzahl

22

11

33

Spalten%

6,7%

3,3%

5,0%

OP wegen NEC oder Ileumperforation

nein

Anzahl

312

308

620

Spalten%

94,8%

91,9%

93,4%

ja

Anzahl

17

27

44

Spalten%

5,2%

8,1%

6,6%

Ende des Nahrungsaufbaues (LT)

Mittelwert

15

24

19

Median

12

20

15

Standardabweichung

11

17

15

25. Perzentil

10

13

11

75. Perzentil

15

29

23

Diskussion: In dem untersuchten Patientengut wird deutlich, dass in der Gruppe der sehr unreifen Frühgeboren <30 SSW GA ein rascher Nahrungsaufbau nicht mit einer erhöhten NEC bzw.-intestinaler Perforations Rate assoziiert ist. Die leichten Unterschiede in der Mortalität und NEC/IP-Rate zwischen beiden Gruppen sind statistisch nicht signifikant (Fisher's exact Test). Unsere Daten widersprechend damit der von Pietz at al. kürzlich publizierten „20-Jahre Erfahrung“ der Oxford-Vermont Study Group (J Pediatrics 1/2007). Diese Gruppe berichtet von einem Vorteil des späten, sehr zögerlichen Nahrungsaufbaus hinsichtlich des Auftretens einer NEC bei „VLBW-infants“. Es ist von Vorteil den Zeitraum bis zu einer ausschließliche oralen Nahrungszufuhr möglichst kurz zu halten, da die in dieser Zeit notwendige parenterale Ernährung mit infektiösen und metabolischen Risiken behaftet ist und eine notwendige Substratzufuhr oft nicht gewährleistet ist. Konklusion: Anhand unserer Daten halten wir einen raschen Nahrungsaufbau zur Vermeidung eines inadäquaten Wachstums auch in der Gruppe von FG 24+0–29+6 SSW GA für gerechtfertigt.