Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - FV232
DOI: 10.1055/s-2007-983080

Röntgen in einem modernen Inkubator: Aufnahmegeometrie und Dosismessungen

V Klingmueller 1, S Stiller 2, R Maier 2, A Rausch 1
  • 1Klinik für Strahlendiagnostik, Kinderradiologie, Marburg
  • 2Phillips Universität Zentrum für Kinderheilkunde, Marburg

Hintergrund: Moderne Inkubatoren haben für die Röntgenkassette eine spezielle Schublade. Dadurch kann eine Röntgenaufnahme angefertigt werden, ohne den Patienten auf die Röntgenkassette zu heben. Fragestellung: Welchen Einfluss hat diese Aufnahmegeometrie auf die Strahlenexposition des Patienten bei Standard-Thoraxaufnahmen? Material und Methode: Die Aufnahmegeometrie wurde unter Berücksichtigung der verschiedenen Materialien am Beispiel des Inkubators Typ Omnibett analysiert. Mithilfe von Phantomen wurde die Dosis (Diados, PTW; kalibriert bis 10 nGy) im Nutzstrahl gemessen. Die Phantome waren angepasst an den Thorax-ap- Durchmesser von Neugeborenen (3 bis 6cm entsprechend einem Körpergewicht von 500 bis 3500g). Die Einstellung des Röntgengerätes (kV, mAs; Mobilett II, Siemens) erfolgte entsprechend der aktuellen Tabelle unserer Abteilung; die Dosiswerte lagen hierbei z.T. unterhalb der Leitwerte der Bundesärztekammer. Die Vorfilterung betrug 2,5 mmAl. Ergebnisse: Folgende Strukturen befinden sich im Nutzstrahl (Dicke; Abstand vom Röhrenfokus): obere Acryl-Abdeckung (6mm dick, Abstand 55cm), Phantom (unterschiedlich dick), Lagerungs-Gel-Kissen oder Matratze (4cm dick, Abstand 95cm), Acryl-Inkubatorboden (3mm dick, Abstand 99cm) und Filmebene (DX-S-System, Agfa; Abstand 104cm). Die Dicke des Gelkissens entspricht somit etwa der Hälfte des ap- Durchmessers eines 1000g schweren Frühgeborenen. Die Strahlendosis wird dadurch von 16 (vor) auf 8µGray (hinter dem Gelkissen) abgeschwächt. Der Abstand Phantom-Filmebene bewirkt eine geometrische Vergrößerung von 1: 1,1. Diskussion: Bei Aufnahmen im geschlossenen Inkubator mit der Filmkassette in der Schublade sind zahlreiche absorbierende und Streustrahlen-erzeugende Fremdkörper im Nutzstrahl, die man bei der Lagerung des Patienten direkt auf der Kassette ebenso vermeiden kann wie eine geometrische Vergrößerung der Aufnahme. Die Aufnahmesituation ist besonders durch den relativ großen Abstand zwischen Patient und Filmebene und durch das Gelkissen ungünstig. Acrylabdeckung, Gelkissen und Inkubatorboden bewirken eine deutliche Abschwächung des Nutzstrahls und eine Zunahme der Streustrahlen. Dies führt zu einer vermehrten Strahlenexposition des Patienten. Die geometrische Vergrößerung muss bei Entfernungsmessungen am Bild (z.B. Tubuslage) berücksichtigt werden. Schlussfolgerung: Aus kinderradiologischer Sicht ist die Aufnahmegeometrie ungünstig und sollte für jede Aufnahme erneut hinterfragt werden. Aus neonatologischer Sicht überwiegt jedoch der Vorteil des „minimal handling“ bei extrem unreifen Frühgeborenen. Eine enge Absprache und Zusammenarbeit zwischen Neonatologen und Kinderradiologen ist für die optimale Bildgebung bei Früh- und Neugeborenen notwendig.