Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - FV227
DOI: 10.1055/s-2007-983075

Aktueller Stand des Neugeborenenhörscreenings in Hamburg

AK Licht 1, T Wiesner 2, H Drews 1, A Breitfuss 1, M Hess 1
  • 1Phoniatrie und Pädaudiologie, Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, Hamburg
  • 2Phoniatrie und Pädaudiologie, Werner-Otto-Institut, Hamburg

Hintergrund: Das durchschnittliche Alter zum Zeitpunkt der Diagnose einer Schwerhörigkeit beträgt in Deutschland immer noch ca. 2,5 Jahre. Für den Hörerwerb ist eine sensitive Periode bis zum Alter von 6 Lebensmonaten beschrieben. Durch die Einführung von Hörgeräten innerhalb dieser Periode wird die Ausreifung der Hörbahnen mit ihren neuronalen Verbindungen gefördert. Dies führt im Ergebnis zu verbesserten Sprachmöglichkeiten, zu stabilerer psychischer Gesundheit, zu Qualifikations- sowie Leistungssteigerung und damit zu höheren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Material und Methoden:

Das universelle Neugeborenenhörscreening in Hamburg wird seit 2002 intensiv interdisziplinär verfolgt. Das Konzept des Hamburger Arbeitskreises Hörscreening bei Neugeborenen (H.A.H.N. e.V.*) war es, von Anfang an zuerst den fachärztlichen Konsens aller beteiligten Facharztgruppen zu suchen. Der H.A.H.N. e.V. ist ein Verein von Ärzten verschiedenster Fachgebiete (Pädiatrie, Gynäkologie, HNO, Pädaudiologie). Die ehemalige Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales und weitere Sponsoren haben das Projekt in der Phase der Einführung finanziell unterstützt. Ergebnisse August 2002 bis Juli 2006: Die Erfassungsrate beträgt 63459 Neugeborene bei einer Rate von 65466 Geburten (die offiziellen Gesamtauswertungen für die Kliniken umfassen derzeit nur die Geburtshilfestationen und Neonatologien). Primär gescreent wurden 93% der Neugeborenen in Abhängigkeit zu den jeweils erfassten Neugeborenen. Durch ein gut organisiertes OAE-Screening lag die Anzahl der Testauffälligen im Primärscreening bei 3,3%. Insgesamt konnte bei 117 Kindern in dem genannten Zeitraum eine Schwerhörigkeit diagnostiziert werden. Die Rate der Hörstörungen in Abhängigkeit der Geburten beträgt damit 0,18%. 70 Kinder wurden mit Hörgeräten versorgt, 6 Kinder erhielten ein Cochlea-Implantat, bei 68 Kindern wurden Frühfördermaßnahmen eingeleitet. Über den Verbleib der übrigen Kinder wird im Vortrag berichtet. Die „Lost-to-follow-up“-Rate bei im Primärscreening auffälligen Kindern beträgt 31,3%, bei im ambulanten Nachscreening auffälligen Kindern 30%. Schlussfolgerung: Zur Verringerung des „Lost-to-follow-up“ bedarf es eines namentlichen Trackings unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Belange und einer speziell hierfür möglichst regional eingerichteten Trackingzentrale. Für eine langfristige Sicherstellung eines universellen Hörscreenings bei Neugeborenen auf angeborene Hörstörungen bedarf es der politischen Unterstützung hinsichtlich der Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für die Präventionsuntersuchungen. Ein flächendeckendes Neugeborenen-Hörscreening auf freiwilliger Basis lässt sich kaum über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten. Die politische Aufgabe besteht nun in der finanziellen Übernahme.