Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - FV223
DOI: 10.1055/s-2007-983071

Ausländische Neugeborene in Deutschland: Analysen zur Säuglingssterblichkeit

E Sievers 1, W Hellmeier 2
  • 1Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW, Münster (bis 2006)
  • 2Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW, Bielefeld

Hintergrund: Ein Ziel des neonatologischen Versorgungskonzepts in der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen (G-BA 2005/6) ist die Verringerung von Säuglingssterblichkeit und frühkindlichen Behinderungen. 2005 wurden in Deutschland 30261 nichtdeutsche Säuglinge mit einer Spannbreite von n=283 (Thüringen) bis n=7663 (NRW) in den Bundesländern. Fragestellung: Welche Ergebnisse liegen zur Säuglingssterblichkeit deutscher und nichtdeutscher Säuglinge Deutschland, insbesondere in NRW, vor? Lassen sich hieraus Ansatzpunkte für Interventionen zur ihrer Senkung aufzeigen? Material und Methoden: Für das Jahr 2005 wurden Daten der Bundesländer zur Früh- und Säuglingssterblichkeit, Totgeburtenrate und perinataler Mortalität nach der Nationalität des Kindes differenziert. Diese Daten wurden durch spezielle Analysen für NRW aus den Jahren 2001–2005 zur Säuglingssterblichkeit türkischer Säuglinge ergänzt (Quellen: Stat. Bundesamt, LDS NRW). Ergebnisse und Diskussion: Die perinatale Mortalität nichtdeutscher Säuglinge ist mehr als dreimal so hoch, als die der deutschen; die Säuglingssterblichkeit mehr als doppelt so hoch. Von den ausländischen Kindern, die von 2001–2005 in NRW geboren wurden, hatten z.B. 14076 die türkische Staatsbürgerschaft, 9140 waren serbisch-montenegrinisch und 3408 italienisch. Die Säuglingssterblichkeit wies deutliche Unterschiede auf: 19,8‰, 4,4‰ und 4,7‰. Besonders auffällig war der Unterschied zwischen türkischen und deutschen Säuglingen: Totgeburtenrate: 17,5‰ vs. 3,5‰, perinatale Mortalität: 28 ‰ vs. 5,7‰, Säuglings-sterblichkeit: 19,8‰ vs. 4,5‰. Die Ergebnisse zur perinatalen Sterblichkeit weisen auf besondere Probleme in der Schwangerschaft und Perinatalzeit hin.

Säuglingssterblichkeit

Perinatale Sterblichkeit

Sterbefälle

je 1000 Lebendgeborene

je 1000 Lebend- und Totgeborene

Nationalität

Deutsch

Nichtdeutsch

Gesamt

Deutsch

Nichtdeutsch

Gesamt

Bundesländer ohne NRW

3,5

8,7

3,7

4,9

14,7

5,4

Deutschland gesamt

3,7

9,9

3,9

5,1

16,1

5,5

NRW

4,1

13,4

4,6

5,5

20,1

6,2

Da nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz Kinder, deren Eltern legal länger als 8 Jahre in Deutschland wohnen, die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können, liegt die Zuwanderung der Eltern ausländischer Säuglinge relativ kurz zurück. Als Ursachen für die Unterschiede sind daher Faktoren zu vermuten, die mit der relativ kurzen Aufenthaltsdauer der Familien in Deutschland zusammenhängen. Schlussfolgerung: Die Senkung der Säuglingssterblichkeit ausländischer Säuglinge erfordert zielgruppenspezifische Interventionen. Durch die Daten der externen Qualitätssicherung Geburtshilfe (u.a. Herkunft der Mutter) könnte ein wichtiger ergänzender Beitrag zur Identifikation von Ansatzpunkten hierfür erfolgen.