Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - FV220
DOI: 10.1055/s-2007-983068

Inwiefern beeinflussen perinatale Risiken und neonatales Management die kognitive Entwicklung ehemals sehr kleiner Frühgeborener mit einem Geburtsgewicht <1500g (VLBW) im Schulalter?

A Kribs 1, D Rödder 2, F Pillekamp 1, B Roth 1, G Lehmkuhl 2
  • 1Univ.-Kinderklinik, Köln
  • 2Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Köln

Hintergrund: Zahlreiche Studien zeigen bei VLBW- Kindern Defizite gegenüber reifen Kontrollkindern in intellektuellen Fähigkeiten. Dies wurde durch die EPICure- Studie (a) besonders für extrem unreife Frühgeborene nachgewiesen. Nur wenige Studien (b) untersuchen, inwiefern über Gestationsalter (GA) und Geburtsgewicht (GG) hinausgehende perinatale Risiken die intellektuelle Leistungsfähigkeit der Kinder im Schulalter beeinflussen.

Fragestellung: Gibt es Zusammenhänge zwischen perinatalen Risiken und intellektueller Leistungsfähigkeit von VLBW- Kindern im frühen Schulalter? Patienten und Methode: Im Rahmen einer prospektiven Längsschnittstudie wurden von 85 im Jahr 1999 geborenen und in unserer Klinik behandelten VLBW- Kindern prä- und neonatale Basisdaten, Daten zum respiratorischen Verlauf und zum Auftreten neonataler Komplikationen sowie der Nursery Neurobiologic Risk Score (NBRS) erhoben. Der NBRS erfasst physiologische Parameter sowie die Durchführung maschineller Beatmung. Die Kinder wurden zu 5 Zeitpunkten untersucht. Die Testung der intellektuellen Fähigkeiten erfolgte im Alter von 7 Jahren mittels der Kaufman Assessment Battery for Children (K-ABC). Diese gliedert sich in die Skala einzelheitlichen Denkens (SED), die Skala ganzheitlichen Denkens (SGD) und eine Fertigkeitenskala (FS). Die SED und die SGD werden zur Skala intellektueller Fähigkeiten (SIF) zusammengefasst. Werte von 85–114 für die SIF gelten als normale, Werte zwischen 70 und 84 als niedrige und Werte unter 70 als geminderte Intelligenz. Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS 12,0.

Ergebnisse: Mit 7 Jahren wurden 62 der 85 primär rekrutierten Kinder untersucht. Die SED lag im Mittel bei 85,1, die SGD bei 88,8, die FS bei 89,8 und die SIF bei 87,3. 44 Kinder wiesen eine SIF im Bereich normaler, 9 Kinder im Bereich niedriger und weitere 9 Kinder im Bereich geminderter Intelligenz auf. In der Untergruppe der Kinder mit einem Geburtsgewicht zwischen 1000u. 1500g zeigten 30 Kinder eine normale, 4 Kinder eine niedrige und 2 Kinder eine geminderte Intelligenz. In der Gruppe der Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1000g bestand bei 14 Kindern eine normale, bei 5 Kindern eine niedrige u. bei 7 Kindern eine geminderte Intelligenz. Insgesamt korrelierten GA und GG sowie die Beatmungsdauer und der NBRS signifikant mit der SIF. Ebenso fanden sich signifikante Unterschiede der SIF zwischen der Gruppe der Kinder mit (n=9) und ohne (n=53) IVH III-IV° u./od. PVL (SIF=70 vs. SIF=90, p=0,001) und mit (n=6) und ohne BPD (n=56) (SIF=70 vs. SIF=89, p<0,01)

Schlussfolgerung: Auch im Bezug auf die intellektuellen Fähigkeiten im frühen Schulalter kommt bei VLBW- Kindern perinatalen Risiken eine erhebliche Bedeutung zu, wobei in der Neonatalzeit das Auftreten einer IVH III-IV° u./od. PVL, die Beatmungsdauer sowie die Entwicklung einer BPD die Hauptrolle spielen.

a N Engl J Med 2005; 352: 9–19 bPediatrics 2004; 113: 1–6