Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - FV219
DOI: 10.1055/s-2007-983067

Kognitive Entwicklung und Verhalten ehemals sehr kleiner Frühgeborener mit einem Geburtsgewicht <1500g (VLBW) im Schulalter

D Rödder 1, A Kribs 2, F Pillekamp 3, B Roth 2, G Lehmkuhl 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität Köln, Köln
  • 2Klinik und Poliklinik für allgemeine Kinderheilkunde der Universität Köln, Neonatologie, Köln
  • 3Univ.-Kinderklinik, Köln

Hintergrund: VLBW- Kinder zeigen neben Defiziten in der kognitiven Entwicklung häufiger als Reifgeborene Verhaltensauffälligkeiten. In einer Metaanalyse von Bhutta et al. (2002) zeigte sich in 81% der Studien bei Frühgeborenen signifikant häufiger eine externalisierende u./od. internalisierende Symptomatik. Besonders für die Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätsstörung (ADHS) war das Risiko der Frühgeborenen 2,64 fach erhöht. Wenig untersucht ist, inwieweit kognitive Entwicklung und Verhalten korrelieren. Fragestellung: Gibt es Zusammenhänge zwischen kognitiver Entwicklung und Verhalten bei VLBW Kindern im Schulalter?

Patienten und Methode:Im Rahmen einer prospektiven Längsschnittstudie wurden 85 im Jahr 1999 in unserer Klinik behandelte VLBW Frühgeborene zu 5 Zeitpunkten nachuntersucht. Die hier berichtete Testung der Verhaltensentwicklung erfolgte im Alter von 7 Jahren mittels der Child Behavior Checklist (CBCL/4–18), einem Elternfragebogen mit 100 Items zur Erfassung von Verhaltensauffälligkeiten. Gebildet werden 8 Syndromskalen, die zu 3 Gesamtskalen zusammengefasst werden: internalisierendes Verhalten (INT), externalisierendes Verhalten (EX) und Verhaltensauffälligkeiten gesamt (TOT). Für die Gesamtskalen gelten T-Werte zwischen 30 und 59 als unauffällig, zwischen 60 und 63 als grenzwertig und über 63 als klinisch auffällig. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit der Kinder wurde zum selben Zeitpunkt mit der Kaufman Assessment Battery for Children (K-ABC) überprüft. Die statistische Auswertung erfolgte mittels SPSS 14. Korrelationen wurden nach Pearson berechnet, Mittelwertvergleiche mit dem T-Test oder der einfaktoriellen ANOVA. Ergebnisse: Mit 7 Jahren wurden 62 der initial rekrutierten 85 VLBW Kinder nachuntersucht. Der Elternfragebogen liegt für 50 Kinder vor. Kinder mit einem IQ<70 wurden von den Berechnungen ausgeschlossen. Die Werte der Gesamtskalen lagen im Mittel bei 53,17 (INT), 54,49 (EX) und 54,89 (TOT). In der Skala INT wiesen 7 Kinder ein Ergebnis im klinischen Bereich, 4 Kinder im Grenzbereich und 36 Kinder im Normbereich auf. In der Skala EX wiesen 7 Kinder ein Ergebnis im klinischen, 5 im Grenzbereich und 35 im Normbereich auf. In der Gesamtskala der Verhaltensauffälligkeiten wiesen 8 Kinder (17%) ein Ergebnis im klinischen Bereich, 10 (21,3%) im Grenzbereich und 29 (61,7%) im Normbereich auf. Es zeigten sich signifikante Korrelationen (p<0,05) zwischen dem IQ und externalisierenden und Gesamtverhaltensauffälligkeiten, sowie eine sehr signifikante Korrelation (p<0,01) zwischen dem IQ und Aufmerksamkeitsproblemen. Schlussfolgerung: Die bei VLBW- Kindern zu beobachtenden Verhaltensauffälligkeiten korrelieren signifikant mit dem IQ. Da unklar bleibt, ob die Verhaltensauffälligkeiten die intellektuelle Entwicklungsfähigkeit zusätzlich negativ beeinflussen können, sollte es Ziel zukünftiger interventioneller Studien sein zu untersuchen, ob das Verhalten therapeutisch beeinflusst werden kann und dadurch auch die intellektuelle Entwicklung begünstigt wird.