Gesundheitswesen 2007; 69 - P22
DOI: 10.1055/s-2007-982863

Management einer Lassa-Fieber-Erkrankung. Probleme aus Sicht der Klinik und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes

E Hilker 1, HR Röttgers 2
  • 1Universitätsklinikum Münster
  • 2Gesundheitsamt Vechta

Kasuistik:

Ein 69-jähriger Patient aus Sierra Leone wurde auf Veranlassung einer in Deutschland lebenden Verwandten unter dem Verdacht einer Meningoencephalitis nach Frankfurt geflogen und per konventionellem Krankentransport ins Universitätsklinikum Münster verlegt.

Angesichts einer unspezifischen Leukencephalopathie, einer HIV-Infektion, einer früheren Malaria und einem beginnendem Multiorganversagen eröffneten sich eine Fülle von Differentialdiagnosen bei gleichzeitiger Handlungsnotwendigkeit. Typische Symptome eines Lassa-Fiebers bestanden nicht.

Erst nach 13-tägiger internistischer und neurologischer Behandlung und anschließender Verlegung auf die internistische Intensivstation wurde eine Diagnostik eingeleitet und Lassavirus-spezifische RNA aus Liquor, Rachenspülsekret, Trachealsekret und Urin gesichert. Es folgte die Verlegung in eine weiterbehandelnde Universitätsklinik, da im Bundesland der Erstbehandlung keine Infektionsbetten für hochkontagiöse Erkrankungen vorhanden sind.

Während des Fluges, des ersten Transports und der Behandlung kam es bis zur Sicherung der Diagnose zu etlichen infektionsträchtigen Kontakten, die in der Folge mit hohem logistischen Aufwand rekonstruiert werden mussten, um eine adäquate Überwachung der Kontaktpersonen sicherstellen und ggfs. eine antivirale Prophylaxe einleiten zu können.

Zusammenfassung:

Durch den weltweiten Reiseverkehr und die Globalisierung werden Versorgungseinrichtungen und Öffentlicher Gesundheitsdienst mit neuen seuchenhygienischen Herausforderungen konfrontiert. Die Kasuistik eines Lassa-Fiebers mit untypischer neurologischer Symptomatik zeigt einerseits differentialdiagnostische Probleme, andererseits aber auch eine Fülle potentieller infektiologischer Fehlerquellen. Vorliegend hätte schon der Flug in die Bundesrepublik angesichts der epidemiologischen Situation im Herkunftsland unter geschützten Bedingungen erfolgen sollen. Darüber hinaus legt der Verlauf nahe, in allen Regionen der Bundesrepublik Expertise und Infrastruktur für einen sicheren Transport und eine Behandlung von Patienten mit virusbedingten hämorrhagischen Fiebern und anderen hochkontagiösen Erkrankungen vorzuhalten.