Gesundheitswesen 2007; 69 - V35
DOI: 10.1055/s-2007-982818

Wohnverhältnisse und Gesundheit von Kindern: Welche Bedeutung hat die soziale Lage?

G Bolte 1, H Mayrhofer 1, G Spies 1
  • 1Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim

Hintergrund: In letzter Zeit wird den gesundheitlichen Auswirkungen der Wohnbedingungen vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt, exemplarisch sei der WHO-Themenschwerpunkt ‘Housing and Health’ mit der Studie LARES genannt. Gesundheitsrelevante Aspekte der Wohnverhältnisse sind vielfältig und umfassen sowohl Faktoren wie die Innenraumluftqualität oder Lärmexposition als auch Aspekte der sozialen Bedingungen im Wohnviertel und der durch das bebaute Wohnumfeld eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten gerade von Kindern.

Ziel: Analyse des Zusammenhangs zwischen sozialer Lage, Wohnbedingungen und Gesundheit von Kindern. Besondere Berücksichtigung soll die Situation in München finden als einer Großstadt mit Bevölkerungszuwachs und niedriger Arbeitslosenquote, jedoch auch mit einem zunehmenden Bevölkerungsanteil mit Einkommensarmut, von der insbesondere Haushalte mit Kindern betroffen sind.

Methoden: In 3 Städten und 3 Landkreisen Bayerns wurden im Rahmen der Gesundheits-Monitoring-Einheiten (GME) in zwei aufeinander folgenden Jahren Eltern zur Gesundheit ihrer Kinder, zu ihren Wohnverhältnissen und zur subjektiven Einschätzung der Umweltbelastungen im Wohnumfeld befragt. Im 1. GME-Survey 2004/2005 nahmen Eltern von 3030Mädchen und 3319 Jungen teil. Der 2. GME-Survey 2005/2006 wird im Herbst 2006 abgeschlossen.

Ergebnisse: Erste Analysen der Daten des 1. GME-Survey zeigten eine höhere Prävalenz von Umweltbelastungen im Wohnumfeld bei sozial benachteiligten Familien. Neben schlechteren Wohnverhältnissen im Sinne einer höheren Belegungsdichte der Wohnungen und einer stärkeren Straßenverkehrsbelastung im Wohnumfeld berichteten Eltern mit einem niedrigen Sozialstatus häufiger eine starke Beeinträchtigung durch Luftverschmutzung, Lärm und fehlende zugängliche Grünflächen. Sozial benachteiligte Kinder wiesen häufiger eine Beeinträchtigung ihrer umweltbezogenen Gesundheit auf, sowohl im Hinblick auf den von den Eltern beurteilten allgemeinen Gesundheitszustand als auch im Hinblick auf Atemwegserkrankungen, Übergewicht und Verletzungen durch Verkehrsunfälle.

Diskussion: In den untersuchten städtischen Regionen sind die Umweltbelastungen im Wohnumfeld ausgeprägter als in den ländlichen Regionen. Sozioökonomische Unterschiede in den Wohnbedingungen und bei der umweltbezogenen Gesundheit von Kindern sind in städtischen und ländlichen Regionen nachweisbar. Nachteilige Wohnbedingungen und damit verbundene Umweltexpositionen erklären teilweise die beobachteten gesundheitlichen Ungleichheiten. Weitergehende Analysen für die GME-Studienregion München, für die zusätzliche Daten zu Armutsindikatoren auf Stadtbezirksebene vorliegen, sollen zeigen, welche Bedeutung den Sozialfaktoren auf Ebene der Familien und auf Ebene des Wohnviertels zukommt.

Schlussfolgerung: Der Zusammenhang zwischen der sozialen Lage und den Wohnverhältnissen sollte bei Maßnahmen einer umweltbezogenen Gesundheitsförderung Beachtung finden.