Gesundheitswesen 2007; 69 - V18
DOI: 10.1055/s-2007-982801

Salmonellose in Deutschland – Analysen, Trends und Ausbruchsuntersuchungen der letzten 20 Jahre

W Rabsch 1
  • 1Robert Koch Institut, Nationales Referenzzentrum für Salmonellen, Wernigerode

Die bakteriell bedingten Gastroenteritiden gehören nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) zu den häufigsten gemeldeten Infektionskrankheiten. Ihr Anteil beträgt insgesamt fast zwei Drittel aller an das RKI übermittelten Erkrankungsfälle. Die tatsächliche Häufigkeit dieser Erkrankungen ist allerdings nicht genau bekannt: Viele Erkrankte suchen bei leichten und kurzen Krankheitsverläufen keinen Arzt auf, viele Erkrankungen werden ätiologisch nicht geklärt und nicht alle diagnostizierten Erkrankungsfälle werden gemeldet. Ein durch zunehmenden Kostendruck im Gesundheitswesen verursachter Rückgang bei den Arztkonsultationen oder bei der mikrobiologischen Diagnostik bei Durchfallerkrankungen kann zu einer Verringerung der Meldezahlen führen und die Interpretation von Zeittrends erschweren. Nur durch eine adäquate Surveillance werden Ausbrüche frühzeitig erkannt und können gezielte Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden; daher müssen die betreuenden Ärzte immer wieder auf die Bedeutung der mikrobiologischen Diagnostik bei an Durchfall Erkrankten hingewiesen werden.

Die Salmonellose ist im Jahr 2005 in Deutschland die nach der Campylobacter-Enteritis am zweithäufigsten gemäß IfSG übermittelte Erkrankung. Seit 1992 ist ein kontinuierlicher Rückgang der Meldeinzidenz der Salmonellose zu beobachten.

Dieser Trend wird möglicherweise für das Jahr 2006 beendet sein. Betrachtet man sich die Meldezahlen der 1. -39. Woche, so ist der Rückgang im Jahr 2006 minimal (2003 waren es 48573 Erkrankungen, 2004–42178, 2005–38909 und 2006–38309). Salmonella (S.) Enteritidis und S. Typhimurium sind immer noch die dominierenden Serovare. Für beide Serovare wird seit Jahrzehnten die Lysotypie in Wernigerode durchgeführt. Ein neuer S. Typhimurium Klon (Lysotyp DT193 mit Mehrfachresistenz ASSuT), der auf Grund der fehlenden 2. H-Phase schwer zu erkennen ist, hat sich 2006 in Deutschland ausgebreitet.

Betrachtet man die Ausbruchsuntersuchungen durch S. Enteritidis für 2006 so wird dieser Trendwechsel ebenfalls bestätigt. Waren es 2005 im ganzen Jahr 49 Ausbrüche so sind bis Ende September 2006 vom Nationalen Referenzzentrum schon 59 erfasst. Durch die Anwendung der Feintypisierung der S. Enteritidis- Ausbruchsstämme hat sich die Lysotypie und bei dem häufigen Lysotyp 4/6 die zusätzliche Ribotypiesierung (molekularbiologische Untersuchung nach Doppelverdau mit PstI/SphI) bewährt. Diese Feindifferenzierungsmöglichkeiten sind wertvolle Hilfsmittel für die Gesundheitsämter um epidemiologische Zusammenhänge zu erkennen. Die Analysen zeigen, dass die Heterogenität der einzelnen Ausbrüche auf Landesebene zugenommen hat. Entscheidend ist jedoch, dass diese Stämme im Auftrag des Gesundheitsamtes möglichst schnell an das NRZ für Salmonellen und andere Enteritis Erreger zur Feintypisierung gesandt werden. Diese Untersuchungen werden auch für Privatlabore kostenlos durchgeführt.

Neben Lebensmitteln, die schon seit langem als potenzielle Vehikel für Salmonellen bekannt sind, wie z.B. Eier, Schweine- oder Geflügelfleisch, haben wir in den letzten Jahren überregionale diffuse Ausbrüchen von S. Agona durch kontaminierten Anis-Fencheltee sowie von S. Oranienburg durch Schokolade oder S. Typhimurium in der türkischen Süßspeise Helva (Sesamprodukt) beobachtet. Darüber hinaus ist die Gefahr von Salmonella Infektionen bei Säuglingen und Keinkindern durch Reptilien in Deutschland (Schlangen, Bartagamen, Leguanen, Schildkröten u.a.) nicht zu unterschätzen.

Diese verschieden epidemiologischen Aspekte der letzten Zeit sollen in einem Vortrag den Mitarbeitern des Öffentlichen Gesundheitswesen nahe gebracht werden.