Einleitung: Die Erfassung der Lebensqualität ist eine wichtige Maßnahme zur Bestimmung der Behandlungsqualität, wirft jedoch eine Reihe noch ungelöster methodischer Fragen auf. In dieser Studie wurden zur Messung der Lebensqualität daher zum einen ein globaler, diabetesunspezifischer Fragebogen, der „Health Survey Short Form“ (SF12), und zum anderen ein neuropathiespezifisches Instrument, die deutsche Fassung des „Neuropathy and foot ulcer specific Quality of life instrument“ (NeuroQol), benutzt und die Ergebnisse miteinander verglichen.
Methodik: Eine eingehende medizinische Untersuchung wurde bei 211 Diabeetspatienten (Alter 50,8±14,4J., 46% weiblich; 44% Typ 2 Diabetes; Diabetesdauer 15,0±11,7J.; HbA1c 9,1±17%) durchgeführt. Die Patienten bearbeiteten den neuropathieunspezifischen SF12 (mit den beiden Skalen „Körperliche Gesundheit „ und „psychische Gesundheit“), sowie den neuropathiespezifischen NeuroQol (5 Skalen: Schmerzen, reduzierte Sensibilität, senso-motorische Einschränkungen, emotionale Belastungen, Aktivitätseinschränkungen aufgrund dieser Beschwerden). Die Ergebnisse der beiden Methoden zur Erfassung der Lebensqualität bei Patienten mit diabetischer Neuropathie wurden miteinander verglichen.
Ergebnisse: 81 Patienten (38,5%) wiesen eine NP auf. Patienten mit einer NP waren signifikant älter (46,2±14,2J. vs. 58,2±11,4J. p<.05), hatten eine längere Diabeetsdauer (17,1±11,6 vs. 13,8±11,6J. p<.05), jedoch eine vergleichbare glykämische Kontrolle (HbA1C: 9,1±1,7 vs. 9,1±1,7%, p=.40). Im SF12 hatten die NP-Patienten in der Skala „körperliche Gesundheit“ signifikant stärker reduzierte Werte, als Diabetiker ohne NP (37,4±11,0 vs. 48,3±9,6, p<.01), während die Skale „psychische Gesundheit“ keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Patientengruppen zeigte (44,7±11,2 vs. 45,2±11,1, p=.76). Dagegen war die Lebensqualität bei NP-Patienten in allen 5 Skalen des NeuroQol signifikant geringer ausgeprägt als bei Patienten ohne eine NP (Schmerzen: 8,2±6,1 vs. 2,1±3,1, p<.01; Sensibilitätseinschränkungen: 3,9±3,5 vs. 0,7±1,6, p<.01; senso-motorische Einschränkungen: 3,0±1,6 vs. 0,9±1,6, p<.01; emotionale Belastungen: 12,1±11,8 vs. 4,6±8,3, p<.01; Aktivitätseinschränkungen: 3,6±3,6 vs. 0,9±2,1, p<01).
Schlussfolgerung: Mit dem SF12, einem diabetesunspezifischen Maß zur globalen Erfassung der Lebensqualität, lassen sich nur sehr eingeschränkt Auswirkungen einer Neuropathie auf die Lebensqualität von Diabetespatienten erfassen. Diese globale Messung der Lebensqualität erfasst nur die negativen Auswirkungen einer Neuropathie auf die körperliche Funktionstüchtigkeit, nicht aber auf das psychische Wohlbefinden. Der Einsatz eines krankheitsspezifischen Instruments zur Messung der Lebensqualität ergibt hingegen sensitivere Ergebnisse und scheint eher geeignet, die krankheitspezifischen Belastungen in Hinblick auf die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes abzubilden.