Diabetologie und Stoffwechsel 2007; 2 - P239
DOI: 10.1055/s-2007-982334

Haben junge Patienten mit Typ-1-Diabetes mellitus und unerklärlichen schweren Hypoglykämien häufiger Insulin-Antikörper als gleichaltrige Diabetespatienten ohne schwere Hypoglykämien?

O Seewi 1, C Jaeger 2, S Winter 2, RG Bretzel 2, A Stockmann 1, E Schönau 1
  • 1Universitäts-Kinderklinik Köln, Abteilung Diabetologie/Endokrinologie, Köln, Germany
  • 2Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Medizinische Klinik und Poliklinik III, Gießen, Germany

Fragestellung: Zirkulierende Insulin-Antikörper können durch passagere Insulinbindung (Insulin-Antikörper-Bindung, IAB, klinisch relevant, wenn >15% Bindung) die Wirkung des applizierten Insulins vorübergehend neutralisieren und die Diabeteseinstellung beeinträchtigen. Gegenstand der vorliegenden Studie war die Frage, ob eine relevante IAB bei Kindern mit unerklärlicher schwerer Hypoglykämie (SH) häufiger vorliegt als bei Kindern ohne SH.

Patienten und Methoden: Bei 73 Kindern (Alter/Median: 14 Jahre) mit Typ-1-Diabetes mellitus (Dauer/Median: 5 Jahre) und intensivierter Human-Insulin-Therapie wurde die IAB radioimmunologisch bestimmt (Jaeger et al., 2004). Insgesamt 22 Kinder hatten mindestens 1 SH mit Bewußtseinsstörung, davon 6 Kinder mit plausibler SH-Erklärung (Dosierungsfehler, Sport-bzw. Alkoholeinwirkung; Gruppe A) und 16 Kinder ohne SH-Erklärung (Gruppe B); 51 Kinder hatten keine SH (Gruppe C). Die HbA1c-Werte waren in den Gruppen A, B und C statistisch nicht unterschiedlich (Median:9 vs. 8 vs. 8%), ebenso die Diabetesdauer (Median: 6 vs. 6 vs. 5 Jahre) und das Alter (Median: 16 vs. 13 vs. 14 Jahre).

Ergebnisse: Eine IAB >15% hatten in Gruppe A 1 von 6 Kindern (16%), in Gruppe B 15 von 16 Kindern (93%), und in Gruppe C 21 von 51 Kindern (41%); p<0,02, Fisher's exact Test, B vs. A, C. Die IAB (Median) betrug in Gruppe A 7%, in Gruppe B 27% und in Gruppe C 11% (p<0,05, Mann-Whitney-U-Test, Gruppe B vs. A, C). Eine IAB >15% erhöhte das Risiko (odds ratio) für jegliche SH 3,8-fach, und für unerklärliche SH 23,86-fach, verglichen mit IAB <15%(P<0,0001)

Schlussfolgerung: In der Subgruppe junger Patienten mit Typ-1-Diabetes und unerklärlichen SH wiesen nahezu alle Patienten eine relevant erhöhte IAB auf. Eine IAB >15% erhöhte das Risiko für SH signifikant im Vergleich zu einer IAB <15%, was nahelegt, dass zirkulierende Insulin-Antikörper an der Entstehung von SH beteiligt sind. Weitere prospektive Untersuchungen hierzu erscheinen erforderlich und gerechtfertigt.

Mit Unterstützung durch die Stiftung „Das zuckerkranke Kind“