Gesundheitswesen 2007; 69(6): 359-370
DOI: 10.1055/s-2007-981677
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Veränderte Berufsentscheidungen junger Ärzte und mögliche Konsequenzen für das zukünftige ärztliche Versorgungsangebot

Ergebnisse einer anonymen BefragungOccupational Decisions of Young Physicians and Possible Future Consequences for the Provision of Medical CareResults of an Anonymous QuestionnaireK. Gensch 1
  • 1Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung
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Publication Date:
20 July 2007 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie: Die vorliegende Studie beruht auf einem Arbeitsauftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit dem Ziel, das zukünftige Versorgungsangebot in unterschiedlichen ärztlichen Berufsfeldern in Bayern zu untersuchen.

Methodik: In einer Voruntersuchung wurden Statistiken der Bayerischen Landesärztekammer (BLAEK) bezüglich der Verteilung der Ärzte auf Tätigkeits- und Fachbereiche nach dem Geschlecht über einen längeren Zeitraum (2000-2004) ausgewertet. Im Frühjahr 2004 wurde dann ein Fragebogen an Ärzte und Ärztinnen versandt, die seit vier bzw. fünf Jahren approbiert und bei der Bayerischen Landesärztekammer gemeldet waren. Die Befragten befanden sich zum Erhebungszeitpunkt entweder noch in ihrer Weiterbildung oder hatten diese bereits beendet bzw. gar nicht erst angefangen oder abgebrochen. Sie waren in Bayern oder im Ausland tätig.

Ergebnisse: Die vorliegende Studie zeigt, dass den Ärztinnen wegen ihres steigenden Anteils im Fach Humanmedizin im Hinblick auf die zukünftige Versorgung besondere Aufmerksamkeit zukommen muss: Die beruflichen Vorstellungen wie auch die Erfahrungen in der Weiterbildungsphase zum Facharzt unterscheiden sich bei den Medizinerinnen deutlich von denen ihrer männlichen Kollegen. Dies führt zu beruflichen Entscheidungen, die im Vergleich zu denen der bisher weitgehend männlichen Ärzteschaft, abweichend sind. Aus der Untersuchung wird ferner die Unzufriedenheit aller Befragten mit ihrer Arbeitssituation im Krankenhaus deutlich: 75% kritisierten das hohe Maß an Verwaltungstätigkeiten im Verhältnis zu der wenigen Zeit, die für die Patienten bleibt. Oft werden hohe Verantwortung, geringe Bezahlung und großer Zeitdruck hervorgehoben; aber auch lange Arbeitszeiten und Überstunden. Etwa ein Drittel der Befragten klagte über Arbeitsüberlastung und Übermüdung im Dienst. Ähnlich viele stuften das Arbeitsumfeld als hierarchisch strukturiert ein. Mehr Ärztinnen als Ärzte beklagten die Schwierigkeit, Familie und Beruf zu verbinden.

Schlussfolgerung: Zur Vermeidung eines reduzierten ärztlichen Versorgungsangebots müssten Maßnahmen in drei Bereichen ergriffen werden: Schaffung familienfreundlicherer Arbeitsbedingungen im Krankenhaus, berufliche Förderung von Ärztinnen im Krankenhaus, Steigerung der Attraktivität der Arbeitssituation im Krankenhaus.

Abstract

Objective: This study was undertaken following a request of the Bavarian Ministry of Sciences, Research and the Arts to analyse the future provision in different occupational areas.

Methods: In a preliminary enquiry, statistics of the Medical Association of Bavaria (BLAEK) were analysed for several years (2000-2004) to find out how many physicians are working in different occupational areas and fields, according to gender. In early 2004 a questionnaire was sent to all physicians who had received their licences to practise medicine in the four preceding years and were still reported to the Medical Association of Bavaria. At the time of the questioning the participants worked in Bavaria or abroad.

Results: The study shows that, with regard to their growing share in the medical workforce and the role they will play in medical care in future, female physicians must be put into the focus of attention. Their decisions as to which career to pursue differ from those of their male colleagues because of their experience during their further training and their need to manage both a family and a job. Another finding is that the participants of the survey are not content with their working conditions. They criticise that they have to spend too much of their working time with documentation and other administrative duties so that there is not enough time left for their patients. Many complain about the heavy responsibility of their jobs and too much work in relation to their remuneration.

Conclusion: To prevent a future shortage in medical care, the following measures should be taken: creation of family-oriented working conditions in hospitals; support of female physicians in their careers; increase of attractiveness of hospital employment.

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1 Zur Verbesserung der Lesbarkeit wird im Folgenden auf die explizite Nennung weiblicher und männlicher Personen- und Personengruppen verzichtet. Sofern nicht ausdrücklich gekennzeichnet, sind stets beide Geschlechter gemeint.

2 Im Folgenden wird nur auf die Ärzte eingegangen, die zum Erhebungszeitpunkt in Bayern gearbeitet haben.

3 In der Wochenarbeitszeit sind keine Bereitschaftsdienste, Wochenend- und Rufdienste enthalten.

Korrespondenzadresse

K. Gensch

Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung

Prinzregentenstr. 24

80538 München

Email: Gensch@ihf.bayern.de