Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P249
DOI: 10.1055/s-2007-976377

Ungewöhnliche Präsentation eines Miller-Fisher-Syndroms

P Trillenberg 1, C Helmchen 1, A Moser 1
  • 1Lübeck

Das Miller-Fisher-Syndrom ist eine Sonderform einer akuten immunvermittelten Polyneuropathie. Wir berichten über eine Patientin mit ungewöhnlichem Verlauf und Verteilungsmuster des Befalls.

Die Aufnahme der Patientin erfolgte mit einer seit 3 Tagen bestehenden peripheren Facialisparese und Doppelbildern. Innerhalb eines weiteren Tages entwickelte sich eine innere und äußere Ophthalmoplegie, Anarthrie und schwerste Schluckstörung, die die Tracheotomie notwendig machte, und (mit Ausnahme einer II° Parese der Fußhebung und –senkung links) eine schlaffe Tetraplegie mit Notwendigkeit der Beatmung. Differentialdiagnostisch wurde eine Endplattenstörung (Botulismus, Myasthenie) oder ein Miller-Fisher Syndrom erwogen.

Liquoranalytisch ergab sich zweimal ein unauffälliger Befund.

Bei repetitiver Stimulation ließ sich eine Endplattenstörung ausschließen.

In der motorischen Neurographie zeigten sich durchgängig reduzierte MSAP-Amplituden bei meist unauffälliger, in einem Fall auf 150% der Normgrenze verlängerter DML und leicht reduzierten NLGs an der oberen Extremität, unauffälligen NLGs an der unteren Extremität.

Im Verlauf von zwei Wochen ergaben sich verlängerte DMLs auch an der unteren Extremität bei dann allerdings auch drastisch reduzierter MSAP-Amplitude. Myographisch ließ sich zwei Wochen nach Beginn der Symptome lediglich im M. masseter sehr spärlich Denervation nachweisen. Eine sensible Neurographie gelang unter Intensivbedingungen nicht, die SEP zeigten jedoch eine deutliche Latenzverlängerung als Beweis einer sensiblen Beteiligung. Zusammenfassend wurde ein Miller-Fisher-Syndrom diagnostiziert, das durch deutlich erhöhte GQ1b-AK-Titer weiter gestützt wurde.

Trotz Behandlung mit Immunglobulinen ergab sich keine wesentliche klinische Erholung im weiteren Verlauf, so dass die Patientin spontan atmend aber tracheotomiert aus Weiterbehandlung entlassen wurde.

Der Fall unterstreicht die Bedeutung der Elektrophysiologie in einem Fall, in dem klinisch über eine sensible Beteiligung keine Aussage möglich war. Bemerkenswert ist die autonome Beteiligung mit Pupillenstörung, über die bisher kaum Berichte vorliegen.