Fragestellung: Der isolierte Tremor capitis tritt im Rahmen der zervikalen Dystonien (ZD) relativ häufig auf: über 20% aller ZD. Der isolierte Tremor capitis als Zeichen eines essentiellen Tremors (ET) wird in etwa 7% aller Fälle eines ET gesehen. Beim konkreten Patienten fällt die klinische Differentialdiagnose schwer, wenn nicht ein wirksamer „Trick“, eine Kopffehlhaltung oder eine negative Familienanamnese auf die dystone Ursache des Kopftremors hinweisen. Letzteres Zeichen ist unzuverlässig, weil es eine familiäre Form der ZD gibt (DYT 7). Da die Frequenz ähnlich ist und beide Tremores durch Lageänderung verstärkt werden, steht die Frage der Aussagekraft zusätzlicher Methoden an.
Methoden: Wir untersuchten 12 Partienten, je 6 mit ET und dystonen Tremor capitis klinisch und elektromyographisch mit Nadelelektroden. Dabei wurden je zwei der Mm. sternocleidomastoideus, scaleni, levator scapulae und splenius capitis synchron untersucht; es kamen sowohl die gleichen Muskeln beider Seiten, als auch vordere und hintere Muskeln einer Seite zur Untersuchung.
Ergebnisse: Die Tremorfrequenz lag bei beiden Erkrankungen im Bereich zwischen 5 bis 8Hz; sie unterschied sich 6,8Hz gegen 6,1Hz) nicht. Die Frequenz beim ET war beim einzelnen Patienten deutlich stabiler als die beim dystonen Tremor. Während bei allen Patienten mit ET Beginn und Ende der Bursts der Aktionspotentiale sich eindeutig bestimmen ließen und zwischen den Bursts keine bedeutsame Aktivität ableitbar war (Abb. a), fanden wir beim dystonen Tremor eine unregelmäßige Amplitude und Dauer der einzelnen Bursts und zwischen den Bursts oft bioelektrische Aktivität (Abb. b). Bei „reinem“ Nein-Tremor waren bei beiden Erkrankungen von den gleichen Muskeln beider Seiten auf Lücke gerückte Bursts ableitbar. Beim „reinen“ Ja-Tremor zeigten sich synchrone Bursts in den gleichen Muskeln auf beiden Seiten. Allerdings kamen Mischformen bei beiden Tremorarten vor. Bei allen dystonen Kopftremores kam es in einzelnen Muskeln zu Sekunden anhaltenden Muskelpotentialentladungen (Abb. c).
Schlussfolgerungen: Neben den bekannten klinischen Zeichen konnten elektromyographische Unterschiede zwischen dem dystonen und dem essentiellen Kopftremor aufgezeigt werden. Die synchrone EMG-Ableitung der Halsmuskeln mit Nadelelektroden sollte bei klinischen Unklarheiten durchgeführt werden. Dabei tragen die Konstanz der Bursts, die Muskelaktivität zwischen den Bursts und die Konstanz der Frequenz zur Differentialdiagnose bei.
Fig. 1