Eine 26-jährige Patientin wurde zum CT-Abdomen bei sonographisch gesehener grotesker Raumforderung im linken Bauch überwiesen. Am Vortag waren bei der Patientin erstmals heftigste Schmerzen im linken Unterbauch aufgetreten, die sich im Verlauf ins Epigastrium verlagerten. Zudem gab die Patientin einmaliges Erbrechen an. Übelkeit oder Fieber bestanden nicht.
Im CT wurde der V.a. eine unterhalb der Leber gelegene eingeblutete Zyste von ca. 20cm Polllänge gestellt. In der konventionellen Abdomen-Sonographie zeigte sich die Raumforderung jedoch echoähnlich zur Leber mit Nachweis von perfundierten Gefäßen. In der Milzloge war lediglich ein massiv dilatierter, die linke Zwerchfellkuppel weit in den Thorax verlagernder, flüssigkeitsgefüllter Magen nachweisbar. Nach Kontrastmittelgabe (Schwelfelhexafluorid) zeigte sich in der Spätphase eine persistierende Kontrastierung mit vor allem im unteren Pol geringerer Kontrastmittelaufnahme, so dass die Raumforderung eindeutig als Milz mit Perfusionsstörungen identifiziert werden konnte. Nach gastroskopischem Absaugen des Mageninhaltes konnte das Zurückwandern der Milz in ihre Loge sonographisch dokumentiert werden.
Die Wandermilz (engl. wandering spleen, ectopic spleen) ist ein extrem seltenes Krankheitsbild. Sie wird vor allem bei Kindern und Frauen im gebärfähigen Alter bzw. nach Schwangerschaften beobachtet. Die Milz kann überall im Abdomen liegen, findet sich aber am häufigsten im linken Unterbauch und im kleinen Becken. Dabei führt ein verlängerter oder nicht entwickelter Mesenterialapparat zu einer abnormen Mobilität der Milz. Die klinische Symptomatik ist stark variabel und primär von der Lage der Milz abhängig. Als Komplikation kann es bei Gefäßtorsion zur Infarzierung der Milz kommen. Im hier beschriebenen Fall kam es vermutlich durch Kompression der Milz zu einer funktionellen Magenausgangsstenose, welche durch Magendilatation zu einer weiteren Verlagerung der Milz führte. Dieser Circulus vitiosus konnte durch Absaugen des Mageninhaltes durchbrochen werden. Zur Behandlung der Wandermilz sollte möglichst ein organerhaltendes Verfahren (z.B. laparoskopische Splenopexie) angewandt werden.
Durch das milzspezifische Kontrastmittelverhalten von Schwefelhexafluorid kann die Sonographie zur Diagnostik der Wandermilz verwendet und das Ausmass der Perfusionsstörung bestimmt werden.