Die ERCP ist eine treffsichere Methode zur Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Gallengangssystems und des Pankreas. Aufgrund ihrer Komplikationen steht sie jedoch immer wieder im Zentrum der Kritik. Ziel unserer Arbeit war es, prospektiv Häufigkeit und Schwere der Komplikationen in einer Endoskopieeinheit an einem Klinikum der Maximalversorgung zu ermitteln.
480 Patienten wurden konsekutiv in die prospektive Untersuchung eingeschlossen. Komplikationen wurden am Untersuchungstag und 48h später dokumentiert. Als Pankreatitis wurden postinterventionelle Bauchschmerzen mit gleichzeitigem Anstieg der Lipase >200U/l gewertet. Als relevante Blutung wurde ein Hb-Abfall >2g/dl betrachtet. Eine Komplikation wurde als leicht eingestuft, wenn sie keine klinischen Symptome hervorrief, keine zusätzlichen Untersuchungen erforderte und den stationären Aufenthalt nicht verlängerte.
Die Untersuchungen wurden nach Schwierigkeitsgrad eingeteilt: 1: diagnostische ERC/P (22%), 2: leichte therapeutische ERC/P (29%), 3: komplexe diagnostische ERC/P (9%), 4: komplexe therapeutische ERC/P (21%), 5: schwierige ERC/P (19%) (Precut-Papillotomie, Pankreasinterventionen).
Bei 98% der Untersuchungen wurde das primäre Untersuchungsziel erreicht. In 25% der Untersuchungen wurde eine Papillotomie durchgeführt, in 7,5% eine Precut-Papillotomie.
Es wurden bei 42 Patienten 44 Komplikationen (9%) beobachtet. 25 Komplikationen (57%) waren leicht, 19 (43%) schwerwiegend. Die Schwierigkeitsgrade waren wie folgt verteilt: 1 18%, 2 26%, 3 2%, 4 20%, 5 34%.
Es wurden 9 Pankreatitiden beobachtet. Die Pankreatitisrate lag damit bei 2%. 5 (56%) der Pankreatitiden traten beim Schwierigkeitsgrad 5 auf.
Es kam zu 3 Perforationen mit Operationsfolge. Bei einer Anastomosenstenose nach Lebertransplantation kam es beim Versuch, die Stenose zu überwinden, zur Gallengangsperforation. Bei einer photodynamischen Therapie entstand eine Drahtperforation der Leberkapsel. Bei einer biliären Pankreatitis mit ausgedehnten Nekrosen kam es zu einer Duodenalperforation. Die Perforationsrate lag damit bei 0,9%.
Es traten 2 relevante Blutungen und 9 Sickerblutungen auf. Damit lag die Blutungsrate bei 2%, die Rate relevanter Blutungen aber nur bei 0,4%.
Es wurden 6 kardiopulmonale Komplikationen beobachtet (1%).
Kleinere Läsionen durch Drahtmanöver oder Paravasate fanden sich bei 8 Patienten und damit in 1,5% der Fälle. Bei 3 Patienten wurde bei der Extraktion von Plastikstents eine Migration oder ein Abriß beobachtet. Damit lag die durch Plastikstents bedingte Komplikationsrate bei 0,6%.
Insbesondere die sog. „schwierige ERCP“ hatte eine hohe Komplikationsrate. Die häufigste Komplikation war unverändert die Pankreatitis.