Psychother Psychosom Med Psychol 2007; 57 - A035
DOI: 10.1055/s-2007-970654

Habituationsprozesse bei Agoraphobikern – Verläufe der Cortisolreaktivität vor und nach einer Psychotherapeutischen Behandlung

U Herold 1, K Petrowski 2, C Schönberg 1, P Joraschky 2, C Kirschbaum 3
  • 1Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Dresden, Dresden
  • 2Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Dresden
  • 3Privat

Agoraphobie wird durch Vermeidungsverhalten sowie maladaptive Bewältigungsstrategien aufrechterhalten, wodurch eine Habituation in der Situation verhindert wird. Um eine Habituation beim Patienten zu erreichen findet daher in der Therapie eine Konfrontation mit angstauslösenden Situationen statt. Trotz Konfrontationsbehandlung tritt bei 20 bis 40% der Patienten kein Behandlungserfolg ein. Bisher ist ungeklärt, wie eine Habituation physiologisch vorsichgeht und ob es Agoraphobiker gibt, die physiologisch nicht habituieren. Die Habituationsfähigkeit wurde bei Agoraphobiepatienten zu Therapiebeginn durch eine wiederholte Stressinduzierung (t1, t2) mit dem Trierer Sozial-Stress Test (TSST) untersucht. Nach erfolgter Exposition wurde zu Therapieende erneut eine wiederholte Stressinduzierung (t3, t4) mit dem TSST durchgeführt, um die Stressreaktion nach der Behandlung zu bestimmen. Durch die Erhebung von jeweils sieben Speichelproben je Zeitpunkt kann erstmalig die Rolle der HHN-Achsen-Regulation bzw. Cortisolhabituation für die erfolgreiche Behandlung von Agoraphobikern spezifiziert werden. Als weitere Parameter wurden Herzratenvariabilität und agoraphobische Symptomatik erhoben. Bisher vorliegende Daten weisen auf eine Hypocortisolämie hin. Während in verschiedenen Studien bei Angstpatienten physiologisch eher eine erhöhte Cortisolreaktivität ähnlich zu einer depressiven Symptomatik beschrieben werden (d.h. Hypercortisolämie), weisen die vorliegenden Ergebnisse bei chronischen Agoraphobiepatienten eher auf eine Ähnlichkeit zu anderen stressbezogenen Störungen hin, z.B. Fibromyalgie oder PTSD. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich eine Hypocortisolämie möglicherweise nach einer längeren Phase von Stress und aus einer Hyperaktivität der HHN-Achse entwickelt (Fries et al., 2005). Die Ergebnisse deuten weiterhin darauf hin, dass diese Dysfunktion der HHN-Achsen-Aktivität nach erfolgter Therapie bestehen bleibt.