Rehabilitation (Stuttg) 2007; 46(2): 102-110
DOI: 10.1055/s-2007-970582
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stressbewältigungstraining (SBT) für psychisch kranke Menschen - Pilotstudie in einer WfbM über ein Gruppenprogramm zur Unterstützung der beruflichen Rehabilitation

A Coping with Stress Training (SBT) for Persons with Mental Illness - Pilot Study on a Group Training Programme in Support of Occupational RehabilitationM. Hammer 1 , I. Plößl 1 , T. Hundsdörfer 1
  • 1Rehabilitationszentrum Rudolf-Sophien-Stift, Stuttgart
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Publication Date:
27 April 2007 (online)

Zusammenfassung

Zielsetzung: In dieser Pilotstudie werden die Auswirkungen eines neu eingeführten Stressbewältigungstrainings (SBT), das in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) des Rehabilitationszentrums Rudolf-Sophien-Stift (Stuttgart) durchgeführt wurde, untersucht. Das Gruppenprogramm hat die Zielsetzungen, die psychisch behinderten Teilnehmer zu unterstützen, funktionale Bewältigungsstrategien zu fördern, Über- und Unterforderung zu vermeiden und positives Erleben zu stärken.

Methode: Es wird ein Vergleichsgruppendesign (mit Wartegruppe) gewählt. Die Trainingsgruppe (19 Rehabilitanden) erhält ergänzend zu den Angeboten der WfbM (Arbeitstraining und berufsbegleitende Einzel- und Gruppenangebote wie z. B. Schulunterricht, Sozialberatung) ein Stressbewältigungstraining. Die Vergleichsgruppe (11 Rehabilitanden) erhält ausschließlich die Regelangebote der WfbM. Es fand vor und nach dem Training eine Erhebung statt.

Ergebnisse: Im Prä-post-Vergleich der Trainingsgruppe wird eine tendenzielle Reduktion der Beschwerden allgemein und insbesondere in den Bereichen Somatisierung, Ängstlichkeit, Zwanghaftigkeit und paranoides Denken festgestellt. Die Teilnehmer geben an, dass die Lebensqualität in den Bereichen Leistungsvermögen, Genuss- und Entspannungsfähigkeit, positive und negative Stimmung sich verbessert. Im Hinblick auf Kompetenz- und Kontrollüberzeugungen wird eine tendenzielle Zunahme internaler Kontrollüberzeugungen festgestellt. Im Hinblick auf die Krankheitsverarbeitung und die vorherrschenden Copingstile wird eine tendenzielle Steigerung aktiver problemorientierter Copingstile festgestellt. Im Problemlösetraining gaben in der Selbsteinschätzung insgesamt 84,2% der Teilnehmer an, dass sie eine positive Veränderung hinsichtlich eines ausgewählten Problembereichs bewirken konnten.

Schlussfolgerungen: Aus methodischer Sicht ist anzumerken, dass es sich um eine kleine Stichprobe handelt. Obwohl eine Reihe von Fragen offen bleibt, sind die Ergebnisse dieser Pilotstudie insgesamt ermutigend und entsprechen den gesetzten Schulungszielen. Es sollten Untersuchungen mit größeren Stichproben in unterschiedlichen Institutionen der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation durchgeführt werden.

Abstract

Objective: This pilot study investigates the effects of a coping with stress training (SBT) programme which had been offered in the Workshop for Disabled People of the Stuttgart Occupational Rehabilitation Center Rudolf-Sophien-Stift to persons with mental illness. The group training is aimed at supporting the participants in coping effectively with stress, avoiding over- or understimulation and strengthening positive experiences.

Method: In a control-group study design, data was collected from 19 participants of the training group and 11 participants of a (waiting) control group. Data collection was carried out before and after the training.

Results: In the pre-post comparison the training group shows a reduction of symptoms in general and especially in somatization, obsessive-compulsiveness, anxiety, and paranoid ideation. The participants showed improvements in quality of life in the areas of capability, ability to enjoy and relax, positive and negative mood. In respect of attitudes of competence and control they showed improvements in internal control attitudes. Also, as regards illness coping and prevalent coping styles, active and problem-oriented coping styles were found to have increased to some extent. In the problem solving training, 84.2% of the participants stated in their self-ratings that they had been able to achieve positive changes in a specific problem area.

Conclusions: From a methodological angle it has to be pointed out that the study had examined a very small group. Although a number of open questions remain the results obtained are encouraging and in accordance with the objectives of the training. Further studies need to be carried out with larger samples from different facilities in the fields of medical, vocational and social rehabilitation.

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Korrespondenzadresse

Dr. Matthias Hammer

Rudolf-Sophien-Stift gGmbH

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