RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2007-970413
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Intramuskulärer Beikonsum von Retardiertem Morphin bei Ambulanter Opiatsubstitution mit Buprenorphin
Intramuscular Co-Consumption of Retarded Morphine in Substitution Treatment with BuprenorphinePublikationsverlauf
Publikationsdatum:
04. April 2007 (online)
Einleitung
Das Opioid Buprenorphin ist seit einigen Jahren in der Substitution Opiatabhängiger zugelassen und stellt inzwischen eine Alternative zu Methadon, dem immer noch gültigen konventionellen Standard der Substitutionstherapie, dar [6]. Buprenorphin verfügt über einen anderen pharmakologischen Wirkmechanismus als reine Opiate und hat als partieller Agonist/Antagonist ein unterschiedliches Wirkprofil [3] [4] [5] [7] [8]. Verschiedene Studien belegen, dass Buprenorphin daher eine geringere physische Abhängigkeit erzeugt als etwa volle μ-Agonisten wie Morphin und auch aufhellende und antidepressive Eigenschaften besitzt [9]. Darüber hinaus zeigt Buprenorphin günstige Eigenschaften bei der Therapie opiatabhngiger Frauen in der Schwangerschaft [2] [10]. Weitere Vorteile einer Buprenorphinsubstitution liegen in der vergleichsweise geringen Toxizität dieser Substanz, die zudem aufgrund ihrer Wirkungsweise bei einem zusätzlichen Opiatkonsum Entzugserscheinungen auslösen soll [10]. An der Ambulanz für Abhängigkeits-erkrankungen der Medizi-nischen Universität Innsbruck werden in der Zwischenzeit rund 25% aller betreuten Patienten mit Buprenorphin substituiert. Die bisherigen Erfahrungen zeigten einen grundsätzlich positiven Effekt auch im Vergleich zu Methadon [14].
Seit mehreren Jahren können in Österreich Patientinnen auch mit retardierten Morphinen substituiert werden. Seit 1999 ist für diese Indikation das Präparat Substitol retard® zugelassen, in dem Morphin als Morphinsulfatpentahydrat gebunden vorliegt. Ähnliche Produkte sind unter den Namen Kapanol®, Vendal®, Mundidol® oder Compensan® erhältlich. Diese retardierten Morphinpräparate werden unter Kontrolle an die Süchtigen abgegeben und zeigen eine ausrei-chende Wirkungsdauer über 24 Stunden. Befürworter der Substitution mit Morphinsulfaten führen im besonderen die Verminderung der mit Methadon zusammenhängenden somatischen Nebenwirkungen sowie die Verminderung des Konsums illegaler Drogen ins Feld. Eigene Erfahrungen zeigen jedoch, dass retardierte Morphine in Österreich gehäuft am Schwarzmarkt angeboten werden und nicht selten als Folge eines unerlaubten Beikonsums in Harnproben nachgewiesen werden. Typischerweise werden dabei die Kapseln eröffnet und der Inhalt erhitzt, durch Filter aufgezogen und intravenös konsu-miert.
Derzeit existieren wenige Mitteilungen aus der Praxis zum Beikonsumverhalten bzw. Substanzmissbrauch von Buprenorphin und retardiertem Morphin. Im Folgenden soll daher ein Fallbeispiel geschildert werden, das ein ungewöhnliches Vorgehen im Rahmen eines Substanzmissbrauchs bei Substitution mit Buprenorphin verdeutlicht.
Literatur
- 1 Alhorn E. Substitution mit Buprenorphin: Umstellung von hochdo-siertem Methadon möglich?. Suchtmedizin in Forschung und Praxis. 2002; 3 ((3)) 179-180
- 2 Eder H, Rupp I, Peternell A, Fischer G. Buprenorphin in der Schwangerschaft. Psychiatrische Praxis. 2001; 6 267-269
- 3 Farrè M, Mas A, Torrens M, Moreno V, Cami J. Retention Rate and Illicit Opioid Use during Methadone Maintenance Interventions: A Meta-analysis. Drug and Alcohol Dependence. 2002; 65 ((3)) 283-290
- 4 Fischer G, Gombas W, Eder H, Jagsch R, Stühlinger G, Aschauer A, Kasper S. Vergleichsuntersuchung von Buprenorphin und Methadon im Rahmen der Erhaltungstherapie Opiatkranker. Nervenarzt. 1999; 70 795-802
- 5 Gross A, Soyka M. Buprenorphin - ein neuer Ansatz in der Pharmakotherapie opiatabhängiger Patienten. Suchtmedizin in Forschung und Praxis. 1999; 1 56-14
- 6 Hönekopp I. Erste Erfahrungen mit Buprenorphin in der Methadonschwerpunktpraxis Mannheim. Suchttherapie. 2000; 3 163-165
- 7 Johnson RE, Chutuape MA, Strain EC, Walsh SL, Stitzer ML, Bigelow GE. A Comparison of Levomethadyl Acetate, Buprenorphine, and Methadone for Opioid Dependence. New England Journal of Medicine. 2000; 343 1290-1297
- 8 Kishioka S, Paronis CA, Woods JH. Buprenorphine and Methoclocinnamox: Agonist and Antagonist Effects on Respiratory Function in Rhesus Monkeys. European Journal of Phamacology. 2000; 391 ((3)) 289-297
- 9 Kosten TR, Morgan C, Kosten TA. Depressive Symptoms during Buprenorphine Treatment of Opioid Abusers. Journal of Substance Abuse Treatment. 1990; (7) 51-54
- 10 Ortner R, Schuster A, Rohrmeister C, Fischer G. Prädiktoren zur Stabi-lisierung opioidabhängiger gravider Frauen mit Ausblick auf die elterliche Sorge. Suchttherapie. 2001; 3 152-157
- 11 Pollak AF. Die Durchführung einer Substitutionsbehandlung nach dem „Saarbrücker Modell“-Die generelle Gabe von Buprenorphin als Mittel erster Wahl. Suchtmedizin in Forschung und Praxis. 2002; 4 ((1)) 55-57
- 12 West SL, O'Neal KK, Graham CW. A Meta-analysis Comparing the Effectiveness of Buprenorphine and Methadone. Journal of Substance abuse. 2000; 12 405-414
- 13 Wang RIH, Wiesen RL, Lamid S, Roh BL. Rating the presence and seve-rity of opiate dependence. Clinical Pharmacology and Therapeutics. 1974; 16 653-658
- 14 Giacomuzzi SM, Ertl M, Pavlic M, Libiseller K, Riemer Y, Kemmler G, Rössler H, Grubwieser P, Rabl W, Hinterhuber H. Maintenance Treatment of Opioid Dependence and Patterns of Non-prescribed Drug Use: Results of a 4-Year Trial. Letters in Drug Design & Discovery. 2006; 3 ((10)) 731-740
- 15 Haasen C, van den Brink W. Innovations in agonist maintenance treatment of opioid-dependent patients. Current Opinion in Psychiatry. 2006; 19 ((6)) 631-636
Korrespondenzadresse
S. Giacomuzzi
Univ. Klinik f. Psychiatrie
Ambulanz für Abhängigkeitserkrankungen
Anichstr. 35
6020 Innsbruck
Österreich
eMail: Salvatore.giacomuzzi@uibk.ac.at