Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2007; 39(2): 78-79
DOI: 10.1055/s-2007-968116
Praxis
Behandlungsprobleme
Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Zytostatika und Mikronährstoffe - Medikationsorientierte Supplementierung

Uwe Gröber
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Publication Date:
21 June 2007 (online)

Einleitung

Der Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen ist bei Tumorpatienten erhöht und kann auch durch eine gesunde, vollwertige Kost kaum noch gesichert werden. Eine ausgewogene Ernährung ist vor allem in der Phase der Chemo- und/oder Strahlentherapie aufgrund der häufigen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen nur schwer möglich. Anorexie und Erbrechen sind häufig mit Störungen des Elektrolyt- (z.B. Hypokaliämie, Hyperkalzämie) und Säure-Basen-Haushaltes verbunden. Chemo- und Bestrahlungs-induzierte Schleimhautschäden (z.B. Strahlenkolitis, Diarrhöen) beeinträchtigen zusätzlich die Nährstoffresorption und verursachen ausgeprägte Mikronährstoffverluste. Die Blutspiegel vieler immunmodulierend und antioxidativ wirkender Mikronährstoffe sinken unter der Chemotherapie auf extrem niedrige Werte ab.

Die Vielzahl der in der Therapie maligner Tumoren eingesetzten Zytostatika und ihre multiplen Wirkmechanismen sind mit zahlreichen und zum Teil sehr spezifischen Interaktionen mit dem Haushalt essenzieller Mikronährstoffe assoziiert [siehe Tabelle 1]. Hierdurch kann einerseits der Mikronährstoffbedarf unter einer antineoplastischen Therapie deutlich ansteigen, andererseits bietet die medikationsorientierte Supplementierung von Mikronährstoffen (z.B. Prävention der Anthrazyklin-assoziierten Kardiotoxizität mit L-Carnitin und Coenzym Q10) zahlreiche therapeutische Ansatzpunkte für die Supportivtherapie und das onkologische Nebenwirkungsmanagement [s. Tabelle 2].

Tabelle 1: Beispiele spezifischer Zytostatika-Mikronährstoff-Interaktionen (aus Gröber U: Arzneimittel und Mikronährstoffe. Stuttgart: WVG; 2007). Zytostatikum Mikronährstoff Mechanismus Folge 5-Fluorouracil Vitamin B1 Hemmung der Phosphorylierung von Thiamin Risiko für Herzinsuffizienz, Neurotoxizität, Lactatazidose Methotrexat, MTX Folsäure Folsäure-Antagonist Folatmangel, Homocysteinämie, Mukositis Cisplatin L-Carnitin L-Carnitin: Exkretion ↑ (iatrogener Carnitinmangel) Hypocarnitinämie, Fatigue (?) Lipidanomalien (?) Magnesium Magnesium: Exkretion ↑ Hypomagnesiämie - Plasma-Mg:↓ - Ery throzyten-Mg: ↓

Tabelle 2: Radikal-induzierte Nebenwirkungen durch Zytostatika (Beispiele) Zytostatikum Mechanismus Organ Therapeutische Intervention/Prämedikation Anthrazykline (z.B. Doxorubicin) Bildung von Anthrazyklin-Fe3+-Komplexen, Reduktion zum Anthrazyklin-Semichinon-Radikal, Wechselwirkung mit Cardiolipin Herz (Anthrazyklin-induzierte Kardiotoxizität) Intravenöse Applikation von L-Carnitin vor der Anthazyklin-haltigen CT: 2000 mg L-Carnitin in 250 ml 0,9 % NaCl, i.v., 1 h vor CT Perorale Prämedikation mit: Coenzym Q10 (z.B. 240 mg/d), Selen (1000 μg/d) und L-Carnitin (3000 mg/d) Cisplatin Radikalinduktion Niere (kumulative Nephrotoxizität) Intravenöse Applikation von Na-Selenit vor Cisplatin-Therapie: 1000 μg Na-Selenit in 100 ml 0,9 % NaCl, i.v., 1 h vor CT

Literatur

  • 01 Gröber U. Arzneimittel und Mikronährstoffe. Medikationsorientierte Supplementierung. Stuttgart; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2007

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