Z Gastroenterol 2007; 45(8): 686-687
DOI: 10.1055/s-2007-963461
Editorial

© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Präsidenteneditorial 2007

W. Schmiegel1
  • 1Knappschaftskrankenhaus, Medizinische Klinik, Ruhr-Universität Bochum
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Publication Date:
14 August 2007 (online)

In den zurückliegenden Jahren haben die Präsidenten der DGVS zur aktuellen Situation der Gastroenterologie, zu ihren Herausforderungen und zu Handlungsnotwendigkeiten der gastroenterologischen Gemeinschaft, d. h. der DGVS, pointiert Stellung genommen. Viele der angestellten Analysen und Betrachtungen sind unverändert aktuell, ebenso wie die skizzierten Lösungsansätze, denen sich unter anderem im Folgenden ein Interimsbericht widmet. Die Herausforderungen, denen sich die Gastroenterologie als Disziplin zukünftig stellen muss, wurden kürzlich von dem Future-Trends-Committee (FTC) der AGA auf die Frage komprimiert: „If Endoscopy Disappears, Then What?”. Diese provokante Frage reflektiert Analysen, die davon ausgehen, dass der diagnostischen Endoskopie, insbesondere der Screening-Kolonoskopie, durch neue bildgebende Verfahren, wie der virtuellen CT- oder MR-Kolonografie, der Kapselendoskopie, aber auch durch vereinfachende Entwicklungen, wie der Navigationsendoskopie, zukünftig ein veränderter, sprich geringerer Stellenwert, zukommen wird. Ob dieser durch anspruchsvollere endoskopische Verfahren (Chromo-/Zoom-/NBI-Endoskopie bzw. Endomikroskopie) in der breiten Anwendung kompensiert werden wird, muss vermutlich zurückhaltend betrachtet werden. Deutlich wird jedoch, dass der technische Fortschritt auch in Deutschland zu einer anhaltenden Umstrukturierung der Gastroenterologie führen wird. Hierbei wird entscheidend sein, inwieweit die klassischen Felder der Gastroenterologie dynamisch weiterentwickelt werden können (siehe z. B. NOTES), aber auch, ob es der Gastroenterologie gelingen wird, bisher wenig beachtete Felder intensiver wissenschaftlich und auch klinisch zu erschließen.

In der gastroenterologischen Onkologie und in der Hepatologie ist die DGVS mit ihren Mitgliedern seit Jahren intensiv engagiert. Dieses wird nicht nur in der führenden Leitlinienarbeit, sondern auch in der kurrikularen Weiterbildung deutlich.

Darüber hinaus rufen jedoch verschiedene demografische und epidemiologische Entwicklungen nach einem verstärkten gastroenterologischen Engagement. Hierzu gehören zum einen die demografische Altersentwicklung und die sich hieran unter anderem logisch anschließende Frage, was wir über das Verdauungssystem beim alternden Menschen wissen, wie beeinflussen sich wechselseitig Alter und Verdauungsfunktionen? Angesicht des Fortschritts durch andere klinische Fächer (Neurologie, Psychiatrie, Kardiologie, Endokrinologie/Osteologie) in der Altersforschung ist das Defizit zwischen Gastroenterologie und Ageing augenfällig.

Ein ähnliches Defizit scheint sich bei der epidemiologisch dramatisch zunehmenden Fehlernährung, sprich Adipositas, abzuzeichnen. Zu Recht erwartet man hier von einer Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, gemeinsam mit anderen Disziplinen wie Ernährungsmedizin und Endokrinologie u. a., wissenschaftliche Konzepte als Grundlage für verschiedene Präventions- und Behandlungsmodalitäten.

Ein weiteres Feld, welches zwar wissenschaftlich intensiv bearbeitet wird, aber dessen Durchdringung in der Praxis ebenso wie dessen Wahrnehmung als gesundheitlich bedeutender Erkrankungskomplex noch nicht umfassend gelingt, sind die gastronenterologischen Motilitäts- bzw. Funktionsstörungen.

Die DGVS hat in den vergangenen Jahren wissenschaftliche und klinische Schwerpunkte u. a. durch die Gründung von Arbeitsgemeinschaften (AG) unterstützt. Neu hinzugekommen sind aus den oben genannten Gründen die AG Neuroendokrinologie und Stoffwechsel, die AG Neurogastroenterologie und Motilitiät, die AG für Magnetresonanztomografie und die AG Gastroenterologische Intensivmedizin und die AG Geriatrische Gastroenterologie.

Diese sollen die Aktivitäten der DGVS aus den o. g. Gründen weiter vorantreiben.

Zusätzlich hat kürzlich erstmalig die DGVS-Frühjahrskonferenz in Berlin stattgefunden, in diesem Jahr zu dem Schwerpunktthema „Gastrointestinale Infektionen”, ausgerichtet von der Arbeitsgemeinschaft Infektiologie der DGVS. Zukünftig haben die Arbeitsgemeinschaften der DGVS im wissenschaftlichen Wettbewerb untereinander die Möglichkeit, abwechselnd die Berliner DGVS-Frühjahrskonferenz mit einem Schwerpunktthema inhaltlich zu gestalten, wobei die DGVS die technische Ausrichtung leistet. Wir hoffen, so zu den traditionellen Schwerpunktthemen der DGVS weitere Bereiche wissenschaftlich zu intensivieren und zu erschließen. Dieses kann allerdings nur dann erfolgreich gelingen, wenn diese Initiativen durch ein aktives Engagement aller DGVS- Mitglieder getragen werden.

Die Weiterentwicklung der Gastroenterologie und der Viszeralchirurgie zur Viszeralmedizin schreitet voran. In den vergangenen Jahren haben wir die Verbundenheit und Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Viszeralchirurgie durch gemeinsame Kongresse zum Ausdruck bringen können. In diesem Jahr werden alle acht Arbeitsgemeinschaften der Deutschen Gesellschaft für Viszeralchirurgie zeitgleich in einem Parallelkongress der DGVC zur DGVS in Bochum tagen. Die DGVS verspricht sich hier gemeinsam mit dem diesjährigen Präsidenten der DGVC, Herrn Professor Köckerling, und dem Vorstand der DGVC eine weitere Steigerung in der Teilnahme der chirurgischen Kollegen. Unverändert werden auch in diesem Jahr interdisziplinäre Themen sowohl mit der Viszeralchirurgie als auch mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin, mit der Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie und Ernährungsmedizin sowie der Sektion Gastroenterologie der Deutschen Gesellschaft für Pathologie stattfinden. Die DGVS bemüht sich, gemeinsam mit den genannten wissenschaftlichen Gesellschaften, die Viszeralmedizin durch eine starke Geschlossenheit interdisziplinär abzubilden.

Eine ähnliche Geschlossenheit ist eine wichtige Voraussetzung, die Belange der Gastroenterologie innerhalb der vielfältigen (gesundheits-)politischen Diskussionen zu vertreten. Aus diesem Grund wurde anlässlich der Jahrestagung der DGVS in Hamburg 2000 der Bundesverband Gastroenterologie Deutschland gegründet. Auch wenn durch die Gründung ein erster wichtiger Schritt hin zu einer geschlossenen Vertretung der Gastroenterologie gemacht wurde, sind wir von dem Ziel, die Gastroenterologie mit einer Stimme zu vertreten, noch sehr weit entfernt. Die DGVS unterstützt den Vorstand des Bundesverbandes daher nachdrücklich über eine Abstimmung und einen Interessensausgleich zu einer einheitlichen Wahrnehmung der Gastroenterologie in Deutschland zu gelangen, weil nur so - trotz gelegentlich unterschiedlicher Interessenslagen - auch strukturelle Ziele der Gastroenterologie erreichbar sind oder werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Verbundenheit gegenüber der DGVS auch weiterhin durch Ihr besonderes Engagement deutlich machen und die DGVS bei ihren vielfältigen Initiativen aktiv unterstützen. Wir freuen uns, Sie zur 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten mit ihrer Sektion gastroenterologische Endoskopie in Bochum begrüßen zu dürfen. Wir hoffen auf Ihre aktive und engagierte Beteiligung.

Mit besten Wünschen, kollegialen Grüßen und Glückauf

Ihr

Wolff Schmiegel
Präsident der DGVS 2007

Prof. Dr. Wolff Schmiegel

Knappschaftskrankenhaus Medizinische Klinik Ruhr-Universität Bochum

In der Schonau 23 - 25

44892 Bochum

Email: meduni-kkh@rub.de