Gesundheitswesen 2007; 69: S1
DOI: 10.1055/s-2007-962897
Grußwort

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vorwort

K. T. Schröder1
  • 1Bundesministerium für Gesundheit
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Publication Date:
14 February 2007 (online)

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 stellte eine Zäsur dar, die weit über den politischen Bereich hinaus in alle Bereiche des täglichen Lebens einwirkte. Es erschreckt, dass es den Nationalsozialisten gelang, in kürzester Zeit staatliche und halbstaatliche Einrichtungen im Bereich des Gesundheitswesens „gleichzuschalten”. Dr. Donhauser dokumentiert in seiner Veröffentlichung über das Gesundheitsamt im Nationalsozialismus, wie sich die nationalsozialistische Gesundheitspolitik der Gesundheitsämter bemächtigte, um die wahnhafte Ideologie vom „gesunden von allem Minderwertigen befreiten Volkskörper” in die Tat umzusetzen. Die neuorganisierten reichseinheitlichen Gesundheitsämter wurden zu einem wesentlichen Instrument der Umsetzung der nationalistischen „Erb- und Rassenpflege”. In der Folge kam es zur massenhaften Verstümmelung und Tötung sogenannten „minderwertigen und lebensunwerten Lebens”. Es ist die historische Wahrheit, dass Ärzte und Mediziner - sicher nicht die Mehrheit, aber auch keine kleine Minderheit - dabei eine wichtige Rolle spielten. Sie waren Täter!

Die Aufbereitung der historischen Verstrickung von Ärzten im Nationalsozialismus ist seit einigen Jahren Gegenstand verschiedener Projekte und Veröffentlichungen. Zu nennen ist etwa das laufende Forschungsprojekt zur Geschichte der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung zwischen 1933 und 1945 und zum Schicksal der jüdischen Kassenärzte in Berlin. Auch das Robert Koch-Institut, eine Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit, stellt sich seiner Geschichte während des Nationalsozialismus und hat am Institut für Geschichte der Medizin an der Charité ein entsprechendes Forschungsprojekt initiiert.

Gemeinsam mit der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hat das Bundesministerium für Gesundheit im Jahr 2006 einen Preis für herausragende Arbeiten von Ärztinnen und Ärzten über die Rolle der Medizin in der Zeit des Nationalsozialismus ausgelobt, mit dem Ziel, die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Thema, insbesondere auch von Medizinstudentinnen und -studenten, zu fördern und anzuregen.

Trotz dieser Bemühungen bleibt die geschichtliche Aufarbeitung vorerst noch lückenhaft. Die Veröffentlichung von Herrn Dr. Johannes Donhauser über „Das Gesundheitsamt im Nationalsozialismus”, die mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit erscheint, ist ein wichtiger Beitrag zur Schließung einer solchen Lücke in der historischen Aufarbeitung.

Bonn, 15.12.2006

Dr. Klaus Theo Schröder
Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit