Geburtshilfe Frauenheilkd 1991; 51(8): 595-601
DOI: 10.1055/s-2007-1026207
Originalarbeiten

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der Einsatz von Methadon bei der geburtshilflichen und gynäkologischen Versorgung von drogenabhängigen Frauen mit und ohne HIV-Infektion

Management of Methadon in Obstetrical and Gynaecological Care of Drug-Consuming Women With and Without HIV-InfectionA. Schäfer1 , Manuela Eck1 , Urte Bell1 , W. Heckmann2 , B. Schwartländer2
  • 1Universitätsfrauenklinik des Klinikum Rudolf Virchow Berlin (UFK)
  • 2AIDS-Zentrum, Bundesgesundheitsamt Berlin
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Bei einer geburtshilflichen oder gynäkologischen Versorgung hatten 113 akut drogenabhängige Frauen mit und ohne HIV-Infektion die Möglichkeit, durch eine Methadondetoxifikation einen Drogenentzug durchzuführen. Neben der medizinischen Versorgung fand eine intensive sozialpädagogische Entzugsbegleitung statt. Die Frauen wurden entsprechend HIV-Status und Schwangerschaft in 4 Gruppen unterteilt, die in Alterstruktur (27,7 Jahre) und Dauer der Drogenabhängigkeit (7,5 Jahre) keine Unterschiede zeigten. Insgesamt wurden 212 Zyklen einer Polamidondetoxifikation beobachtet, da für jede Patientin nach Abbruch oder Rückfall eine erneute Teilnahme möglich war. Zu einem vollständigen Drogenentzug führten 45 % der Versuche, wobei zwischen den Gruppen die Unterschiede gering waren. Bei einer im Oktober 1990 durchgeführten Katamnese lebten 23,9 % der betreuten Patientinnen seit mindestens sechs Monaten drogenfrei. Auffällig war dabei die unterschiedliche Verteilung innerhalb der Gruppen. Der größte Anteil drogenfrei lebender Patientinnen fand sich mit 36 % in der Gruppe der HIV-positiven Frauen, die in der Schwangerschaft betreut worden waren. Die Gruppen der HIV- positiven Nichtschwangeren und der HIV-negativen Schwangeren zeigten mit 27,5 % bzw. 27,3 % Drogenfreien fast gleiche Ergebnisse. Das schlechteste Ergebnis hinsichtlich der Drogenfreiheit zeigte hier die Gruppe der HIV-negativen Nichtschwangeren mit 3,8 %. Dieses unterschiedliche Ergebnis kann mit einer höheren langfristigen Motivation der Mütter erklärt werden, die unabhängig vom HIV-Status zu sein scheint. Der signifikante Unterschied zu den HIV-negativen Drogenabhängigen (p < 0,025) spricht jedoch auch für einen erheblichen Einfluß auf die Entzugsmotivation durch das Realisieren der HIV-Infektion und einer bei weiterem Drogengebrauch eher begrenzten Lebensperspektive.

Abstract

In the course of obstetrical and gynecological care, 113 women with acute intravenous drug use (IVD) participated in a methadon detoxification. In addition to medical treatment, socio-paedagogical intervention was part of the approach. A total of 212 cycles of methadon detoxification have been administered since patients' relapse during or after detoxication had a chance of readmission. In 45 % of the attempts, detoxification could be fully achieved. An investigation of actual drug behaviour of the participating women in October 1990 showed, that 23.9 % had abstained from drug consumption for at least 6 months („drug free“). According to the HIV Status and pregnancy 4 groups with comparable age (mean 27.7 years) and duration of drug dependency (mean 7.5 years) were classified. There were remarkable differences in drug behaviour between these groups. Of the HIV-infected women treated during pregnancy, 36 % were drug free. Of the HIV-infected women without pregnancy and pregnant women without HIV-infection, comparable proportions (approx. 27 % each) were living without drugs. All but one HIV-negative women of the group without pregnancy (3.8 %) consumed drugs. In conclusion, pregnancy and subsequent motherhood seems to enhance and stabilize the motivation to quit drug consumption. The significant difference between the HIV- negative and HIV-positive women without pregnancy suggests, that besides pregnancy, the awareness of HIV-infection and of a limited life expectancy has also a positive influence on drug behaviour.