Geburtshilfe Frauenheilkd 1991; 51(10): 798-805
DOI: 10.1055/s-2007-1023833
Originalarbeiten

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ein Risiko-Score für das operierte Endometriumkarzinom und seine Bedeutung für die adjuvante Strahlentherapie*

(Histopathologie und Behandlungsergebnisse anhand von 208 Fällen mit pelviner Lymphonodektomie)A Risk Score for Surgically Treated Endometrial Cancer and its Implication for Adjuvant Irradiation(Histopathology and Results of Treatment in 208 Cases with Pelvic Lymphadenectomy)H. Kucera, N. Vavra
  • Strahlenabteilung der I. und II. Universitäts-Frauenklinik Wien - Ordinariat für Gynäkologische Strahlentherapie (Vorstand: Univ.-Prof. Dr. K. Weghaupt)
* Horrn Prof. Dr. K. Weghaupt zum 70. Geburtstag gewidmet.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. Juni 2008 (online)

Zusammenfassung

In einer retrospektiven Untersuchung wurden 208 radikal mit pelviner Lymphonodektomie operierte Fälle von Endometriumkarzinom nach histopathologischen Prognosefaktoren wie Morphologie mit Sonderformen, Tumorgrading, myometrane Infiltrationstiefe, Gefäßeinbruch und Tumorbefall der Lymphknoten aufgeschlüsselt. Typische Adenokarzinome zeigten in 9% positive Lymphknoten, ungünstige Sonderformen wie das adenosquamöse, papilläre und klarzellige Karzinom aber in 27% der Fälle. Bei hochdifferenzierten Tumoren waren in nur 4,5% die Lymphknoten befallen, während dies bei den undifferenzierten in 31,4% der Fall war. Wenn das Karzinom auf das Endometrium beschränkt war, fanden sich keine befallenen pelvinen Lymphknoten, bei Infiltration bis zur Mitte des Myometriums aber in 9,2%. Wurde diese Grenze überschritten, so fanden sich bei 27,5% der Fälle positive Lymphknoten. Im Falle von nachweislicher Gefäßinvasion wurden auch bei 43,2% der Fälle tumorbefallene Lymphknoten festgestellt. Für diese histopathologischen Risikofaktoren wird ein einfacher Risiko-Score vorgeschlagen, der die einzelnen Prognosefaktoren mit Punkten bewertet und so einerseits die Bildung von Patientengruppen mit ähnlichem Risiko ermöglicht, andererseits die korrekte Zuordnung zur tumorangepaßten, adjuvanten Bestrahlung erleichtert. Bei 1-2 Punkten besteht kein Risiko auf Rezidivierung, und eine postoperative Bestrahlung kann als zu vermeidende Übertherapie angesehen werden. 13,5% der Fälle fielen in diese Gruppe, alle haben symptomfrei 5 Jahre überlebt. Bei 3-4 Risikopunkten empfehlen wir nur die lokale Vaginalbestrahlung zur Vermeidung von vaginalen Rezidiven. 34,1% der Fälle fielen in diese Gruppe; auch hier haben alle symptomfrei 5 Jahre überlebt. Bei 5 und mehr Punkten empfehlen wir neben der Vaginalbestrahlung auch die aggressive Bestrahlung des kleinen Bekkens. 52,4% der Fälle fielen in diese Gruppe, 85% haben symptomfrei die 5-Jahros-Grenze erreicht. Fälle mit positiven Lymphknoten (neues FIGO-Stadium III/b) konnten mit adäquater adjuvanter Nachbestrahlung in zwei Drittel der Fälle geheilt werden.

Abstract

In a retrospective study of 208 surgically treated cases of endometrial cancer with pelvic lymphadenectomy, histomorphology with subtypes, tumour grading, infiltration of the myometrium, blood- and lymphatic vessel invasion and pelvic lymph node metastases, were analysed. Typical adenocarcinomas had lymph node involvement in 9% of the patients, whereas unfavourable subtypes showed in 27%. In patients with tumour grading I, the lymph nodes were involved in only 4.5% and with grading 3 in 31.4%, respectively. If the carcinoma was limited to the endometrium, no lymph node metastases could be detected. If the inner half of the myometrium was involved, pelvic nodes were positive in 9.2% with deeper infiltration in 27.3% of the cases. With obvious invasion of blood or lymph vessels, lymph nodes were positive in 43.2% of the cases. A simple score for these histopathological risk factors is proposed, enabling the allocation to patient groups of similar risk on the basis of a point system for individual prognostic factors. With a score of 1-2 points (13.5% of the cases) the prognosis is good and adjuvant irradiation does not seem necessary. With 3-4 points (34.1% of the cases), local vaginal irradiation is recommended. With 5 or more points, we recommended, in addition to vaginal irradiation, aggressive irradiation of the small pelvis. 52,4% were in this group, from which 85% were symptom-free at the critical 5 year point. In case of positive pelvic lymph node, 67% of the patients survived after adequate adjuvant follow-up irradiation.