Suchttherapie 2006; 7 - P9
DOI: 10.1055/s-2006-959135

Ist das Risiko einer Reinfektion als Ausschlusskriterium für eine antivirale HCV-Therapie gerechtfertigt?

B Schulte 1, M Backmund 2, J Gölz 3, C Haasen 1, J Reimer 1
  • 1Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung
  • 2Krankenhaus München-Schwabing
  • 3Praxis Kaiserdamm Berlin

Derzeit werden Drogenabhängige oftmals von der antiviralen HCV-Therapie ausgeschlossen. Zu den Hauptgründen für einen Behandlungsausschluss gehören neben der Forderung nach Drogenabstinenz, die angenommen fehlende Compliance der Patienten, die bei Drogenabhängigen zu erwartenden schweren Nebenwirkungen sowie das hohe Risiko einer Reinfektion durch Wiederaufnahme des intravenösem Drogenkonsums. Hinsichtlich der Forderung nach Abstinenz, der Patientencompliance und des Nebenwirkungsmanagements zeigen die gegenwärtigen Studien, dass die antivirale HCV-Therapie bei Drogenabhängigen sicher und effektiv durchführbar ist. Das Risiko einer neuerlichen Infektion mit dem HC-Virus als ein Hauptausschlusskriterium bleibt demgegenüber bestehen. Ein Vergleich der Inzidenzen der HCV-Infektion und der HCV-Reinfektion anhand gegenwärtiger Studien gibt erste Hinweise zur Diskussion um die Fragestellung, ob das Risiko einer HCV-Reinfektion als Ausschlusskriterium für eine antivirale Therapie bei Opiatabhängigen gerechtfertigt ist. Ein Vergleich der Daten zeigt eine deutlich reduzierte Inzidenz der HCV-Reinfektion gegenüber der HCV-Erstinfektion (2.5–5.7 Fälle/100 Personenjahre vs. 10–37 Fälle/100 Personenjahre). Gegebenenfalls geltende Einschränkungen und Confounder (Fallzahlen, Altersunterschiede, Wiederereichung etc.) und/oder erste Hinweise auf einen kausalen Zusammenhang (erworbene, partielle Immunität) stellen die Grundlage zur weiterführenden Diskussion. Zusammenfassend muss das Risiko einer HCV-Reinfektion als Ausschlusskriterium für eine antivirale Therapie überdacht werden. Weitere Studien zur HCV-Reinfektion bieten demnach nicht nur das Potenzial für neue Erkenntnisse zur HCV-Prävention, sondern können auch Antworten auf immunologische Fragestellungen geben.