Suchttherapie 2006; 7 - P3
DOI: 10.1055/s-2006-959129

Konzeption und Ergebnisse des Bundesdeutschen Modellprojekts zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger – eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte Therapiestudie

C Hartwig 1, U Verthein 1, S Kuhn 1, P Degkwitz 1, C Haasen 1
  • 1Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg, Hamburg

Einleitung: Die Heroin-gestützte Behandlung gilt nach den Erfahrungen in der Schweiz und in den Niederlanden als effektive Behandlung für Patienten, die nicht ausreichend von der Methadonbehandlung profitieren können. Das Ziel dieses wissenschaftlichem Modellprojekts ist die klinische Prüfung (Zulassungsstudie) heroinhaltiger Medikamente.

Methode: In der multizentrischen, randomisierten, kontrollierten Therapiestudie wurden 1015 Opiatabhängige, unterschieden in Methadonsubstituierte (MS), die derzeit nicht im ausreichendem Maße von der Methadonbehandlung profitieren konnten und Nicht Erreichte (NE), die sich seit einiger Zeit in keiner Suchtbehandlung befinden, eingeschlossen. Die Patienten erhielten über einen Zeitraum von 12 Monaten entweder injizierbares Heroin (N=515) oder orales Methadon (N=500). Neben der Zuteilung zu der Studienmedikation, erfolgte die Zuteilung entweder zu Case Management mit integrierter Motivierender Gesprächsführung oder zu Drogenberatung mit Psychoedukation. Daraus ergab sich ein 4×2 Studiendesign. Die Zielkriterien wurden wie folgt formuliert: Verbesserung des körperlichen und psychischen Gesundheitszustandes und eine Reduktion des Beikonsums von illegalen Drogen. Die Auswertung wurde in Form einer Intention to treat (ITT)- Analyse durchgeführt.

Ergebnisse: Nach 12 Monaten konnten Daten für 94,2% der Stichprobe ausgewertet werden. Die Haltequote war höher in der Heroingruppe (67,2%) als in der Methadongruppe (40,0%). Für die beiden Hauptzielkriterien konnte ein signifikant besseres Ergebnis in der Heroingruppe als in der Methadongruppe erreicht werden (Gesundheit: 80,0% versus 74,0%; OR=1,41; 95% KI: 1,05–1,89, p=0,023; Straßenheroin: 69,1% versus 55,2%; OR=1,85, 95% KI: 1,43–2,40, p<0.001). Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Studienmedikation und Schwerwiegenden unerwünschten Ereignis (SUE) wurde häufiger in der Heroingruppe (32,7%, N=58) als in der Methadongruppe (11,1%, N=15) beobachtet.

Schlussfolgerungen: Die Heroin-gestützte Behandlung zeigt vielversprechendere Ergebnisse für die Verbesserung des Gesundheitsstatus und den Beigebrauch illegaler Drogen im Vergleich zu der Methadonbehandlung. Trotz eines erhöhten Risikos sollte die Heroin-gestützte Behandlung als eine Behandlungsalternative für schwerstabhängige Opiatabhängige in das Versorgungssystem eingeführt werden.