Pneumologie 2006; 60 - V21
DOI: 10.1055/s-2006-958897

Weizen oder Roggen – welches Mehl löst die meisten/stärksten Sensibilisierungen beim Bäckerasthma aus?

I Sander 1, V van Kampen 1, R Merget 1, U Meurer 1, T Brüning 1, M Raulf-Heimsoth 1
  • 1Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Institut der Ruhr-Universität Bochum

Hintergrund: Für die Entwicklung eines Bäckerasthmas spielt die Inhalation von Mehlstaub am Arbeitsplatz und die Sensibilisierung gegen Getreideallergene eine entscheidende Rolle. Während in der internationalen Literatur Weizenmehl sowohl als Allergen als auch bei Expositionsmessungen im Vordergrund steht, kommt in Deutschland bei der Begutachtung von Bäckern mit Beschwerden am Arbeitsplatz dem Roggenmehl eine besondere Rolle zu: mehr als zwei Drittel der Mehlexpositionstestungen werden mit Roggenmehl durchgeführt. Es war das Ziel dieser Untersuchung zu klären, ob sich bei der Allergiediagnostik Unterschiede zwischen Roggenmehl- und Weizenmehl bezüglich Sensibilisierungsgrad und -häufigkeit feststellen lassen.

Material und Methoden: In 500 Seren von Bäckern und Konditoren aus Deutschland, die sich wegen Beschwerden am Arbeitsplatz ärztlich untersuchen ließen, wurde spezifisches IgE (sIgE) gegen Weizenmehl und Roggenmehl mittels UniCAP und Fluoreszens-Immunoassay mit ImmunoCAPs quantifiziert.

Ergebnisse: Von den 500 Seren hatten 354 sIgE (70,8%) gegen Getreidemehl, davon enthielten 334 Seren (66,8%) sIgE gegen Weizenmehl und 338 Seren (67,6%) sIgE gegen Roggenmehl. Die sIgE-Werte gegen die beiden Getreidemehle waren eng korreliert (Pearson Korrelationskoeffizient der logarithmierten Werte r=0,937). In der Detailanalyse zeigte sich allerdings ein Trend zu höheren CAP-Klassen bei den Roggenmehlsensibilisierten; so fanden sich Befunde mit den CAP-Klassen 5 und 6 auf Weizenmehl nur bei 6 Bäckern, dagegen bei 17 Bäckern auf Roggenmehl. Im direkten Vergleich hatten 199 Bäcker einen höheren sIgE-Wert auf Roggenmehl als auf Weizenmehl, während bei 151 Bäckern der Weizenmehlbefund einen höheren Wert zeigte. In Bezug auf die CAP-Klassen lag in 85 Fällen Roggenmehl-IgE und in nur 47 Fällen Weizenmehl-IgE in einer höheren Klasse.

Schlussfolgerungen: Zusammengefasst fanden sich bei Bäckern mit Verdacht auf Bäckerasthma/-Rhinitis kaum Unterschiede in der Sensibilisierungsfrequenz auf Weizen- und Roggenmehl. Allerdings zeigte sich häufiger ein höherer Sensibilisierungsgrad auf Roggenmehl. Das bestätigt die Präferenz von Roggenmehl bei Expositionstestungen bei der Begutachtung von Bäckern in Deutschland.