Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 2006; 1(5): 32-35
DOI: 10.1055/s-2006-958248
DHZ | praxis

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Therapieansätze bei kindlicher Infektanfälligkeit

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Publication Date:
22 February 2007 (online)

Noch vor wenigen Jahrzehnten war dauerhafte Infektanfälligkeit bei Kindern, mit ineinander übergehenden Erkältungskrankheiten über Wochen und Monate, fast ohne Fieber, nahezu unbekannt. Bei fieberhaften Infekten wurden Kinder mit Wadenwickeln ins Bett gelegt, bis Besserung eintrat. Heute zählt die Infektanfälligkeit hingegen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Von pathologischer Infektanfälligkeit spricht man bei mehr als acht Infekten pro Jahr (S. 12 f.f.). Für berufstätige Mütter - mitunter auch Väter - bedeutet das schon fast den Verlust des Arbeitsplatzes und der beruflichen Existenzberechtigung: Die Kinder erholen sich zwischen den schwelenden Infektzuständen kaum noch und halten ihre Eltern pausenlos in Atem. Häufig entwickeln sich gleichzeitig atopische Erkrankungen wie Neuro-dermitis, allergisches Asthma und Heuschnupfen. Entwicklungs- und Schulschwierigkeiten folgen meist auf dem Fuße. Mit der richtigen Kombination aus Ordnungstherapie und medikamentöser Therapie lässt sich das Krankheitsbild jedoch nicht nur abmildern, sondern in vielen Fällen komplett überwinden.

Gesteigerte Infektanfälligkeit leitet sich fast nie aus nur einer Ursache her, da der Körper gegenüber einzelnen Noxen über wirksame Abwehrmechanismen verfügt. Viel häufiger handelt es sich um multifaktorielle Prozesse, meist begünstigt durch genetische Anlagen: Überproportional sind Kinder betroffen, deren Mutter unter Migräne oder deren Großeltern unter Diabetes leiden. Echte genetische Immunschwächen treten hingegen in den seltensten Fällen auf.

Fast immer sind äußere Faktoren an der Infektanfälligkeit beteiligt, mit denen sich die ersten Schritte befassen sollten. Häufig bringt bereits die Beseitigung dieser Ursachen die Symptome zum Verschwinden oder ebnet der weiteren Therapie den Weg:

medizinische Behandlungen, darunter Impfungen (S. 24/25) Antibiotika-gaben (häufig bei Virusinfekten!) oder Kortison Mikroklima: Zu warme oder zu kühle Kleidung, Betten oder Räume, trockene Raumluft Fehlernährung: Denaturierte Nahrung mit Entwicklung von Mangelzuständen (v.a. Vitamine, Eisen, Magnesium, Calcium), Pankreasdysfunktion und Dysbiose Schadstoffe: Tabakrauch in der Wohnung, Amalgamfüllungen der Mutter während Schwangerschaft und Stillzeit, Innenraumbelastung von Wohnraum, Schule und Kindergarten oder Auto (Pestizide, Kunstharze), Weichmacher. Auspuffgase in Kinder-wagenhöhe schädigen die zarten Bronchialschleimhäute bei Kindern wesentlich stärker als bei Erwachsenen. Allergene: Schimmelpilze durch versteckte Feuchtigkeit im Haus, Hausstaubmilben in Betten und Stofftieren, Haustiere, Duftstoffe in Kosmetika und Waschmitteln Elektromagnetische Felder (v.a. im Schlafbereich) durch DECT-Telefon, WLAN-Technik, Mobilfunk, Radar, Elektroinstallationen und Bildschirme Stress durch Reizüberflutung (häufig durch Unterhaltungselektronik), Ängste, Überforderung und Bewegungsmangel (S. 47) Familiäre Situation: häufig geprägt durch Mangel an Zeit, Gelassenheit, Miteinander und Zuwendung

Sekundär spielen Entzündungsherde im Bereich von Tonsillen, Nebenhöhlen und Blinddarm häufig eine pathogenetische Rolle.

Abb. 1 Häufige Infekte beeinträchtigen massiv die Lebensqualität und Entwicklung des Kindes. Foto: © DAK/Wigger

Zur Ernährung stellte Paracelsus fest: Der Mensch ist, was er isst. Also muss es auch zu seiner Zeit schon Fehlernährung gegeben haben. Gut, dass er jedoch die Speisepläne der Kinder des 21. Jahrhunderts nicht kannte, die mit Süßigkeiten, raffinierter Fertigkost und vitaminfreiem (unreif geerntetem) Obst und Gemüse das kindliche Verdauungssystem belasten. Rund ein Drittel aller Kinder ist übergewichtig, mit steigender Tendenz. Aber auch vermeintlich gesunde Ernährung verfehlt nicht selten ihr Ziel: Rohkost kann bei geschwächten Kindern zur Darmüberlastung mit Verdauungsstörungen führen, vegane Ernährung zu chronischem Eisenmangel. Häufig wirkt ein zu hoher Milchkonsum an der Infektanfälligkeit mit. Die chinesische Medizin lehnt Milch als verschleimendes Nahrungsmittel ab.

Literatur

  • 1 Dorsch W, Sitzmann FK. Naturheilverfahren in der Kinderheilkunde. Stuttgart, Hippokrates 2003
  • 2 Steinbrecht-Baade C, Wensauer J. Das Kind in der naturheilkundlichen Praxis. München: Urban & Fischer 2006
  • 3 Thanner M. Kinderheilkunde für Heilpraktiker und Heilberufe. Stuttgart: Sonntag 2004

Dr. med. Silvia Franz

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Email: Dr.S.Franz@t-online.de