Psychiatr Prax 2006; 33(8): 405-406
DOI: 10.1055/s-2006-956988
Fortbildung und Diskussion
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Psychotherapie der posttraumatischen Belastungsstörungen

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Publication Date:
27 November 2006 (online)

 

Der Plural im Titel des Buches weist auf einen Aspekt hin, der bei der Annäherung an die breite Diskussion um das Feld Traumaforschung berücksichtigt werden muss: Zwar haben ICD-10 und DSM-IV jeweils eine posttraumatische Belastungsstörung definitorisch festgeschrieben, die psychischen Reaktionsmuster von Menschen auf traumatisierende Lebensereignisse sind aber vielfältig, so, wie es auch zwischen unterschiedlichen Traumatypen zu differenzieren gilt. In einem Grundlagenteil eröffnet das Buch von Maercker und Rosner, das in der gut etablierten Reihe der Lindauer Psychotherapie Module erschienen ist, dem Leser dieses Terrain in 4 Kapiteln: Er wird vertraut gemacht mit den Konzepten der PTSD, einschließlich der Kritik daran, ihm werden die psychobiologischen Perspektiven eröffnet sowie auch interkulturelle Aspekte. Das Stichwort posttraumatische Reifung konterkariert die Konnotation der Pathogenität, die sich zumeist mit der Erwähnung von Traumata verbindet.

Im Anschluss werden dann unter der Überschrift therapeutischer "Elemente in der Trauma- und PTBS-Therapie" 13 unterschiedliche Behandlungsansätze vorgestellt, zum Teil prominente, zum Teil weniger bekannte: Von dem psychodynamischen Zugangsweg, EMDR, kognitiv-behavioralen Verfahren bis hin zur Tanz- und Bewegungstherapie und der Weisheitstherapie der Posttraumatischen Verbitterungsstörung. Diese Kapitel stammen von Autoren, die den jeweiligen Therapieansatz kompetent vertreten. Dass die einzelnen Kapitel unterschiedlich und nicht vereinheitlicht strukturiert sind, trägt dem unterschiedlichen Denken und Haltung der einzelnen Schulen Rechnung, die hinter den jeweiligen Verfahren stehen. Zugleich spiegelt das breite Spektrum unterschiedlicher Behandlungsformen aber doch diejenigen Grundzüge der Behandlung von Betroffenen nach einer Traumatisierung wider, die alle Therapieansätze miteinander verbinden: Zentral ist der behutsame Aufbau einer tragfähigen Beziehung. Der therapeutische Weg ist dann ein umsichtiges Vorgehen zwischen Stabilisierung und Konfrontation.

Der Leser kann sich hier ein eingehendes Bild verschaffen und erhält zugleich Anregungen für die eigene Praxis. Und indem das Buch viele Möglichkeiten und Wege für professionelles therapeutisches Handeln im Umgang mit traumatisierten Patienten darstellt, vermittelt es doch in erster Linie: Die Hilflosigkeit, die manchen Therapeuten als Gegenübertragung im Kontakt mit den von einem Traumaerleben überwältigten und dekompensierten Patienten befällt, kann überwunden werden. Allein aus diesem Grunde ist das informative und inhaltlich anregende, leserfreundlich gestaltete Buch empfehlenswert für alle therapeutisch Tätigen: Traumafolgen und ihre Behandlung sind nicht ein kleines Spezialgebiet zur Versorgung von Katastrophenopfern. Vielmehr ist die Begegnung und Auseinandersetzung mit Menschen, die in unterschiedlicher Art und Weise in ihrem Leben Traumatisierungen erfahren haben, ein Thema im psychotherapeutischen Alltag.

Dr. med. Philipp Portwich, Bern

Maercker A, Rosner R (Hrsg). Psychotherapie der posttraumatischen Belastungsstörungen. Krankheitsmodelle und Therapiepraxis - störungsspezifisch und schulenübergreifend. Stuttgart: Thieme, 2006