Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2006; 16 - A47
DOI: 10.1055/s-2006-954349

Die Relevanz der Reha-Zielerreichung nach Einschätzung der Rehabilitanden für den langfristigen Erwerbsverlauf: Ein Beitrag zur Patientenorientierung bei der Rückenschmerzrehabilitation

G Kusak 1, W Mau 1
  • 1Inst. für Rehabilitationsmedizin, MLU Halle-Wittenberg, Halle (Saale)

Fragestellung: Für die Patientenorientierung in der Rehabilitation sind individuelle Ziele zu definieren und im Rehabilitationsprozess zu verfolgen. Bisher ist nicht untersucht, welche Bedeutung subjektive Zielsetzungen und Einschätzungen des Rehabilitationsprozesses sowie der Zielerreichung durch die Patienten am Beginn bzw. Ende von medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen für den langfristigen Verlauf der Erwerbstätigkeit, dem wesentlichen Reha-Erfolgskriterium der Rentenversicherung, haben.

Methodik: In einer prospektiven Kohortenstudie mit fünfjährigem Follow-up von 497 erwerbstätigen Patienten einer ambulanten orthopädischen Rehabilitation bei Rücken- oder Nackenschmerzen wurde von den Teilnehmern vor der Maßnahme Rehaziele festgelegt und das Erreichen dieser Ziele beim Abschluss eingeschätzt. Außerdem beurteilten sie die Qualität der einzelnen Arten von Behandlungen und den Reha-Erfolg insgesamt. Der Erwerbstatus wurde bis fünf Jahre nach der Rehabilitationsmaßnahme mittels schriftlicher Nachbefragungen verfolgt. Regressionsanalysen, kontrolliert für Alter, Geschlecht, Schulabschluss, Beabsichtigung einer Berentung und die körperlichen und psychischen Summenskalen des SF-36, wurden benutzt, um die Zusammenhänge zwischen Qualitätsbeurteilungen und der subjektiven Einschätzung des Reha-Erfolgs zu bestimmen. Zur Prädiktion des Erwerbsverlaufs über die Zeit wurden Cox-Regressionen eingesetzt.

Ergebnisse: Für die Vorhersage des Verbleibs im Erwerbsleben konnte ein Cox-Modell mit den drei Items Verringerung der Rückenschmerzen, Erhaltung der beruflichen Leistungsfähigkeit und Wiederaufnahme der Berufstätigkeit angepaßt werden. Die Qualitätsbeurteilungen der einzelnen Behandlungen hatten keinen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der Zielerreichungen und auf den späteren Erwerbsverlauf. Die subjektive Globaleinschätzung des Reha-Erfolgs war immerhin zu 40% durch die Einschätzung der Qualität der erhaltenen Einzel-Physiotherapie und Ergotherapie aufzuklären. Der subjektiv eingeschätzte Reha-Erfolg zeigte keinen signifikanten Zusammenhang mit dem späteren Erwerbsverlauf.

Diskussion: Die differenzierte zielorientierte Ergebnismessung nach Einschätzung der Rehabilitanden hat nicht nur Bedeutung für den subjektiv empfundenen Reha-Gesamterfolg am Ende der Maßnahme, sondern steht auch in engem Zusammenhang mit dem langfristigen Erwerbsverlauf. Da vor allem das Erreichen von schmerz- und berufsbezogenen Zielen für den Verlauf der Erwerbstätigkeit relevant sind, liegt der Schluss nahe, dass bei der Weiterentwicklung von medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen diese Aspekte verstärkt zu fokussieren sind.