Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - P8_2
DOI: 10.1055/s-2006-954177

Aufgaben und Ziele stationärer Hospizarbeit – Ein Versorgungskonzept auf Grundlage systemischer Theorien

C Rumbke 1
  • 1Amb. Palliativdienst des Hospiz Luise, Hannover

Professionelle Tätigkeit im Hospiz benötigt ein Handeln auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und Konzepte, was in vielen Hospizen eher selten der Fall ist. Ausgangspunkt des Handelns dort sind z.B. eine adäquate Symptomkontrolle, der Einbezug der Angehörigen oder die Erfüllung spiritueller Bedürfnisse. Aber dies geschieht eher vor dem Hintergrund allgemeiner bio-medizinischer oder naturwissenschaftlicher Modelle, selten aus theoriegeleiteten Begründungen, was einen Mangel darstellt. Welche Behandlungs- oder Pflegemodelle passen also für stationäre Hospize? Wo sind die Schwerpunkte der Tätigkeit im stationären Hospiz zu sehen und zu setzen? Welche Verantwortung, welche Ziele und Aufgaben folgen daraus? Bei der theoretischen Erforschung dieser Fragen wurden Pflege- und Versorgungstheorien untersucht sowie Quellen zum systemischen Ansatz im Umgang mit sterbenden Menschen (Literaturrecherche). Die Suche nach einem geeigneten Konzept führte zur familien- und umweltbezogenen Pflege nach der Theorie des systemischen Gleichgewichts von M.-L. Friedemann. Sie formuliert einen systemischen Behandlungs- und Pflegeansatz, der sich die Unterstützung bei der Bewältigung von Lebens- und eben auch Sterbesituation zur Aufgabe macht. Dabei sieht sie die Patienten im Kontext ihres Umfeldes, ihrer Familie, was bei der Versorgung von schwer kranken und sterbenden Menschen besonders bedeutsam ist. Das Konzept erfasst Spiritualität und Stabilität als Schwerpunkte der Zielsetzung der Versorgung schwer kranker und sterbender Menschen. Hier liegen dann auch die meisten Aufgaben und Ziele, die in der Symptomkontrolle, aber auch im Bereich Familie und Seelsorge liegen. So können auch Sterbende mit ihrer körperlichen Erkrankung und in der Krise Gleichgewicht im Leben erhalten oder finden, das Leben verstehen, vielleicht die gegebenen Verhältnisse verändern oder mit ihnen umgehen lernen. Ziele für die Patienten werden durch ihre Bedürfnisse und den Bedarf gesucht: Sie wünschen ein Gegenüber, Sicherheit, und sie suchen nach dem, was über den Tod hinausgeht. Desgleichen bietet das Konzept eine Erweiterung des Denk- und Handlungsraumes, es setzt klare Schwerpunkte für die Begleiter, ohne einzuengen. Es lässt sich konzeptionell in Ziele und Aufgaben im Hospiz umsetzen und bietet Handlungsräume, die in anderen Theorien oder Modellen fehlen. Mit dieser Theorie kann dem Mangel an Konzepten in der Hospizarbeit begegnet werden.