Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - V4_2
DOI: 10.1055/s-2006-954086

Strahlentherapeutische Optionen in der Palliativsituation

P Feyer 1, M Steingräber 1
  • 1Vivantes – Klinikum Neukölln, Berlin

In der Palliativsituation ist eine Tumorheilung nicht mehr möglich, die Therapie zielt vorrangig auf eine Besserung der Lebensqualität und Linderung tumorbedingter Symptome. Die strahlentherapeutischen Möglichkeiten werden dabei häufig unterbewertet und Aufwand sowie potenziell unerwünschte Wirkungen für den Patienten überbewertet. Die Strahlentherapie hat sich als effektive, rasch wirksame und bei richtiger Indikationsstellung nebenwirkungsarme Therapie bewährt. Häufige Indikationen der Strahlentherapie in der symptomatischen Palliativsituation sind Schmerzen (insbesondere durch Knochenmetastasen), Hirnmetastasen, Myelonkompression sowie Blutungen, Dyspnoe, Stridor und obere Einflussstauung. Durch Anpassung der Fraktionierungskonzepte auf kurze Bestrahlungsschemata kann der Aufwand für den Patienten minimiert werden. Die Therapiedauer beträgt 1–2 Wochen, bei sehr ungünstiger Prognose haben sich Einzeitbestrahlungen mit 1×8 Gy etabliert. In der Regel erfolgt eine perkutane Strahlentherapie. Je nach Tumorlokalisation und Therapieziel kann auch ein Afterloading indiziert sein. Schmerzen werden vorwiegend bei Knochenmetastasen, tumorbedingter Nerveninfiltration oder als Kapselspanungsschmerz symptomatisch. In dieser Situation kann durch die Strahlentherapie bei 60–80% der Patienten eine rasche Schmerzlinderung erreicht und der Analgetikabedarf minimiert werden. Der Effekt erreicht ca. 2–4 Wochen nach Bestrahlung sein Maximum und hält über mehrere Wochen bis Monate an. Über 60% der Patienten haben eine anhaltende Schmerzlinderung bis zu ihrem Tod. Eine Rebestrahlung bei erneuter Schmerzzunahme ist möglich und dann erneut effektiv. Bei Hirnmetastasen ist die Strahlentherapie in Kombination mit Kortikosteroiden eine effektive palliative Therapie. Im Verlauf der Strahlentherapie bessert sich bei 75–80% der Patienten die neurologische Symptomatik. Die Strahlentherapie ist besonders effektiv, wenn sich die neurologische Symptomatik bereits unter der in der Regel primär eingesetzten Steroidtherapie bessert. Ganzhirnbestrahlung oder stereotaktische Bestrahlung werden in Abhängigkeit vom Tumor eingesetzt. Die metastatisch bedingte Myelonkompression ist eine Notfallindikation. Abhängig vom neurologischen Status vor Radiatio wird eine Remissionsrate von 30–80% erreicht. Eine akute tumorbedingte Blutung wie sie z.B. beim exulzerierten Mammakarzinom, Hautmetastasen, Bronchial-Ca oder Zervix-Ca auftritt, kann mit wenigen hochdosierten Bestrahlungen beherrscht werden. Die obere Einflussstauung bietet ein dramatisch und vital bedrohliches Bild. Die Strahlentherapie sollte in dieser Situation nicht verzögert werden und führt zu einem raschen und anhaltenden Ansprechen bei ca. 80% der Patienten. Weitere pulmonale Symptome wie Husten und Dyspnoe sind einer palliativen Strahlentherapie gut zugänglich und können effektiv behandelt werden. Der Husten klingt oft bereits während der Strahlentherapie ab, die Dyspnoe bessert sich verzögert. Zusammenfassung: Der Strahlentherapie kommt in der palliativen Situation eine wichtige Rolle zu. Bei richtiger Indikationsstellung kann eine rasche und anhaltende Linderung der tumorbedingten Beschwerden mit minimalen Nebenwirkungen bei kurzer Behandlungsdauer erzielt werden.