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DOI: 10.1055/s-2006-953479
Die Mannheimer Insulin in Stroke Study (MISS). Sicherheit und Durchführbarkeit einer intensiven Blutzuckereinstellung auf der Stroke Unit. Eine randomisierte Studie
Hintergrund: Retrospektive Studien zeigen bei Schlaganfall eine Assoziation von Hyperglykämie mit negativem Outcome. Aktuelle Richtlinien empfehlen, Blutzuckerwerte (BZ) >200mg/dl zu senken. Studien bei Intensivpatienten zeigen ein verbessertes Outcome unter Einstellung auf weit niedrigere BZ-Werte. In dieser kontrollierten, prospektiven Studie untersuchten wir erstmals die Durchführbarkeit und Sicherheit einer intensiven BZ-Therapie im Setting einer Stroke Unit.
Methode: Jeweils 20 Patienten mit akutem ischämischen Schlaganfall (NIHSS >3) wurden entweder zur konventionellen oder intensiven Blutzuckertherapie randomisiert. Therapieziel bei der konventionell behandelten Gruppe war ein BZ <200mg/dl unter 6-stündlicher BZ-Messung und Behandlung mit Insulinboli s.c. Therapieziel der intensiv behandelten Gruppe war ein BZ von 80–110mg/dl unter Dauerinfusion von Insulin i.v. und stündlicher BZ-Messung. Die Behandlung begann <24h nach Symptombeginn und wurde über 5 Tage fortgeführt. Analysiert wurden klinische Parameter, BZ, Insulindosis, ACTH, Cortisol und weitere endokrinologische Parameter. An den Tagen 1, 3 und 5 wurde eine Kalorimetrie durchgeführt. Das Outcome wurde nach 4 Monaten bestimmt.
Ergebnisse: Patienten der intensiv behandelten Gruppe hatten einen höheren Bedarf an Insulin und niedrigere Blutzuckerspiegel (13,3±21,1 IU Insulin/d vs. 1,7±6,1) IU Insulin/d; BZ 116±39mg/dl vs. 132±44mg/dl; jeweils p<0.0001). In der Intensivgruppe kam es, vor allem bei Diabetikern, zu einer höheren Inzidenz hypoglykämischer Episoden, definiert als BZ <60mg/dl (23 vs. 0). Alle hypoglykämischen Episoden wurden rasch entdeckt und behandelt, keine Episode war klinisch relevant. Unabhängig von der Gruppenzuteilung hatten die Patienten einen erhöhten Energiebedarf (115% der Basal Metabolic Rate). ACTH und Cortisol zeigten im Verlauf eine abfallende Tendenz. Das Outcome (Barthel, Rankin, Mortalität) nach 4 Monaten war zwischen den Gruppen nicht unterschiedlich.
Schlussfolgerungen: Die intensive BZ-Therapie mit Insulin i.v. ist im Setting einer Stroke Unit durchführbar und führt zu niedrigeren BZ-Werten. Die intensive BZ-Therapie ist mit einer höheren Rate hypoglykämischer Episoden assoziiert, die jedoch bei engmaschigem Monitoring klinisch nicht relevant sind. Der erhöhte Energiebedarf sowie das ACTH- und Cortisol im Verlauf weisen auf eine Störung des Metabolismus in der Akutphase des Schlaganfalls hin.