Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P612
DOI: 10.1055/s-2006-953436

Karotisverschluss bei rezidivierender lympho-granulomatöser Raumforderung im Sinus cavernosus

S. Hyrenbach 1, B. Kress 1, G. Mechtersheimer 1, R. Veltkamp 1
  • 1Heidelberg

Hintergrund: Granulomatöse Raumforderungen im Sinus cavernosus führen zu charakteristischen Hirnnervenausfällen wie dem Tolosa-Hunt Syndrom. Hingegen gibt es nur wenige Daten hinsichtlich vaskulärer Komplikationen.

Fallbericht: Eine 32-jährige Patientin stellte sich mit einer akuten Visusminderung links und seit mehreren Monaten zunehmenden Schmerzen der linken Gesichtshälfte vor. Neun Jahre zuvor war eine Hypophyseninsuffizienz aufgefallen. Eine magnetresonanztomographisch festgestellte Verdickung des Hypophysenstiels wurde seinerzeit biopsiert, wobei histopathologisch eine lymphozytäre Hypophysitis diagnostiziert wurde. Im darauf folgenden Jahr litt die Patientin an einer Tränendrüsenentzündung links; in der Biopsie fanden sich ebenfalls lympho-granulomatöse Infiltrate.

Aktuell bestand klinisch-neurologisch eine Reduktion des Visus auf 0,32 und ein afferentes Pupillendefizit. Im Liquor fanden sich eine lymphozytäre Pleozytose mit entzündlicher Transformation eine Eiweißerhöhung auf 117mg/dl und eine lokale IgG-Produktion von 5,7%. In der kranialen MRT kamen in den T2-gewichteten Sequenzen eine Signalsteigerung des linken Nervus und Tractus opticus und eine Kontrastmittel-aufnehmende von intrasellär bis in den Sinus cavernosus reichende Struktur zur Darstellung. In der MRA und im Doppler zeigte sich ein Verschluss der linken Arteria carotis interna (ACI) 0,7cm distal des Internaabganges links. Bildgebend bzw. laborchemisch fand sich kein Hinweis auf eine infektiöse, systemisch-vaskulitische oder neoplastische Erkrankung. Unter Steroidtherapie (initial 3×1g/d i.v., anschließend absteigend oral über 8 Wochen) kam es innerhalb von 48h zu einer vollständigen Rückbildung der Visusstörung und zu einer erheblichen Größenabnahme des raumfordernden Prozesses im cMRT, die linke ACI blieb jedoch bislang verschlossen.

Schlussfolgerung: Invasive paraselläre lymphogranulomatöse Prozesse können neben Hirnnervenausfällen und Hypophysenfunktionsstörungen auch zu einem Verschluss der ACI führen. Zum frühzeitigen Erkennen solcher vaskulären Komplikationen ist ein engmaschiges vaskuläres Monitoring bei diesen Erkrankungen auch bei fehlender klinischer Symptomatik angezeigt.