Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P408
DOI: 10.1055/s-2006-953233

Signifikante Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei segmentaler Dystonie durch bilaterale tiefe Hirnstimulation des Globus pallidus internus

C. Blahak 1, J.C. Wöhrle 1, H.H. Capelle 1, H. Bäzner 1, R. Weigel 1, E. Grips 1, K. Kekelia 1, J.K. Krauss 1
  • 1Mannheim, Hannover

Hintergrund: Die motorischen Symptome einer Dystonie führen bei vielen Patienten im Verlauf zu körperlicher Behinderung und sozialen Beeinträchtigungen, was oft in einer Verschlechterung der Lebensqualität resultiert. Da eine medikamentöse Therapie zumeist ineffektiv ist, hat sich die tiefe Hirnstimulation (DBS) als eine Behandlungsalternative bei generalisierten und segmentalen Dystonien etabliert. Der Effekt der DBS auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität ist bei der segmentalen Dystonien bislang nur in Einzelfallberichten untersucht worden. Wir evaluierten in einer Serie von 10 Patienten mit segmentaler Dystonie prospektiv den Effekt der DBS auf die Lebensqualität.

Methodik: Bei 10 Patienten (5 Frauen, Alter 35–77 Jahre) mit einer medikamentös therapierefraktären segmentalen Dystonie (Krankheitsdauer 1 bis 22 Jahre) wurden Stimulationselektroden in den Globus pallidus internus (GPi) beidseits implantiert und eine kontinuierliche DBS initiiert. Die Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität erfolgte präoperativ und zu zwei Zeitpunkten postoperativ (4–10 Monate [U1] und 12–20 Monate [U2]) mit dem „Short Form 36“-Fragebogen (SF -36), welcher acht verschiedene Dimensionen körperlicher und psychischer Gesundheit erfasst. Zur Beurteilung der motorischen Symptome wurde die Burke-Fahn-Marsden Dystonia Rating Scale (BFM) erhoben.

Ergebnisse: Bei allen 10 Patienten zeigte sich postoperativ eine teils deutliche Regredienz der motorischen Symptome unter der DBS, der BFM movement Score verbesserte sich postoperativ um etwa 60% (präoperativ: 36,3±21,2; U1: 12,9±11,9 (p<0,01); U2: 14,1±11,1 (p<0,01)). Es gab keine operativen Komplikationen, bei vier Patienten schränkte eine stimulationsassoziierte Dysarthrophonie den Therapieeffekt ein.

Die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbesserte sich bei 9 Patienten zum Zeitpunkt U1 und bei allen 10 Patienten zum Zeitpunkt U2 (SF-36 Score präoperativ: 52,1±18,1; U1: 75,1±15,5 (p<0.01); U2: 78,7±10,6 (p<0.01)). In den meisten körperlichen und psychischen Dimensionen des SF-36 zeigten sich verbesserte Scores, nur in den Dimensionen „Rollenverhalten wegen seelischer Beeinträchtigung“ und „Schmerzen“ zeigte sich postoperativ keine signifikante Änderung.

Diskussion: DBS stellt eine effektive Behandlungsmöglichkeit bei medikamentös unzureichend therapierter segmentaler Dystonie dar, welche neben einer Regredienz der motorischen Symptome zu einer deutlichen Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität führt.